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Experten-Interview Dezember 2018



Dickens Weihnachtsgeschichte diesmal in Deutscher Laut- und Gebärdensprache

 

Der Weihnachtsklassiker von Charles Dickens feiert Premiere am 01.12.2018 in Göttingen. Zu dem außergewöhnlichen Projekt habe ich Miriam Feix eine der Regisseurinnen interviewt.

 

Frau Feix und Frau Karger, woher kam die Idee, dieses Stück in Laut- und Gebärdensprache auf der Bühne darzustellen?

Miriam Feix: Wir haben bereits im August 2016 an einer Produktion im ThOP in Deutscher Laut- und Gebärdensprache mitgearbeitet. Damals wurde ein selbstgeschriebenes Stück über die Märchen der Brüder Grimm gespielt. Das war eine wunderbare Erfahrung, die allen Beteiligten viel Spaß gemacht hat. Wir haben von den Zuschauern so viel positives Feedback bekommen, dass die Idee immer da war, irgendwann wieder ein solches Projekt ins Leben zu rufen.

Als es die Möglichkeit gab, dass wir ein Stück am Theater der Uni Göttingen inszenieren, haben wir uns entschieden, wieder ein zweisprachiges Theaterstück zu machen.

 

Wird auf der Bühne abwechselnd in Lautsprache und in Gebärdensprache gesprochen? Wie sollen wir uns es vorstellen?

Der meiste Text wird parallel in beiden Sprachen auf der Bühne gesprochen. Dabei ist die Gebärdensprache ins Spiel integriert, sodass möglichst nicht die Situation entsteht, dass ein Dolmetscher einfach nur am Rand steht und übersetzt. Manchmal ist es eher die Lautsprache, die in den Hintergrund gerät.

Wir haben den Text professionell übersetzen lassen und auch mit einer DGS-Muttersprachlerin hier aus Göttingen angepasst. Sie hat auch intensiv unsere Probearbeiten begleitet.

Da wir leider nicht so viele Gehörlose in unserem Ensemble haben, wie wir bräuchten, damit alle gebärdenden Rollen von Gehörlosen gespielt werden, haben wir auch einige Hörende, die auf der Bühne ausschließlich Gebärdensprache sprechen.

 

Nach welchen Kriterien haben Sie ausgewählt, welche Rollen von Hörenden und welche von Gehörlosen gespielt werden?

Anfangs haben wir uns vorgestellt viele gebärdende Rollen mit Gehörlosen zu besetzen. Leider haben sich nicht so viele Gehörlose aus der Umgebung gemeldet, um mitzuspielen. Letzten Endes war es aber eine Entscheidung, wer wie viel Zeit für Proben hat.

 

Wie wurde dieses Projekt finanziert?

Wie alle Theaterstücke des Theaters im OP (Operationssaal), das an die Uni Göttingen angegliedert ist, wurden wir vor allem von der Universität finanziert. Die Kosten der Übersetzung in DGS hat der Förderverein des ThOP getragen.

 

Können Sie unseren Lesern kurz über den Inhalt des Theaterstückes erzählen?

"Eine Weihnachtsgeschichte" nach Charles Dickens handelt von dem grummeligen, geizigen Ebenezer Scrooge, der keinen Menschen mag. Für ihn ist Geld das einzig Wichtige im Leben. Am Heiligabend wird Scrooge von drei Geistern der Weihnacht überrascht. Sie führen ihn nacheinander durch verschiedene Weihnachtsabende: Angefangen mit seinen vergangenen Weihnachtsfesten, den gegenwärtigen Feiern und auch einem Ausblick auf die Zukunft.

Die Geister versuchen ihm den Sinn von Weihnachten wieder näher zu bringen und ihn zu einem freundlichen Menschen zu machen. Und das gelingt ihnen auch!

Auf verschiedenen Bühnenbereichen werden die unterschiedlichen Ebenen der Geschichte bildlich dargestellt. In zwei Stunden führen unsere Geister Scrooge und unsere Zuschauer durch die Weihnachtsfeste während zwei Erzählerinnen die Geschichte rahmen.

 

War die Regieführung diesmal eine besondere Herausforderung für Sie?

Nun, ja, es war auf jeden Fall eine besondere Herausforderung. Meine Kollegin, Franziska Karger und ich haben schon an mehreren Theaterstücken mitgearbeitet aber jetzt haben wir zum ersten Mal Regie geführt.

Die Kommunikation bei den Proben war unterschiedlich, je nachdem, wer bei anwesend war, haben wir in Deutscher Laut- oder Gebärdensprache oder auch zweisprachig geprobt.

 

Bietet dieses Theaterstück für die ganze Familie ein Erlebnis?

"Eine Weihnachtsgeschichte" nach Dickens ist eigentlich eine Erzählung für Kinder. Das von uns inszenierte Theaterstück soll aber für alle sein: für Jung und Alt, Hörende und Gehörlose!

 

Wer sind die Darsteller?

Wegen der Nähe zu der Universität sind vor allem viele Studenten dabei. Unser Ensemble ist bunt gemischt. Wir haben unsere ersten Ideen zum Theaterstück bei einem Infoabend des ThOP vorgestellt und außerdem Werbung in der Gehörlosencommunity in Göttingen gemacht.

Alle, die mitmachen wollten, stehen nun auch auf der Bühne und alle spielen hier ehrenamtlich. Wir haben viele Hörende auf der Bühne stehen, die Gebärdensprache sprechen und freuen uns sehr, dass auch einige Gehörlose und Schwerhörige mitwirken.

 

Die Vorstellung ist im ThOP ….

ThOP ist die Abkürzung für Theater im OPerationssaal. Hier wurde früher tatsächlich operiert, daher kommt der Name. Nach umfangreichen Umbauten wurde aus dem ehemaligen Schau-OP eine funktionierende Theaterbühne gestaltet. Jährlich werden hier bis etwa 10-12 eigenen Produktionen vorgeführt.

Im ThOP wird alles auf freiwilliger, ehrenamtlicher Basis gemacht. Es gibt eine ehrenamtliche Mitarbeiterschaft, die die Spielzeiträume festlegt. Jeden Monat wird ein anderes Stück gespielt, an dem jeder mitwirken darf, so ist also jedes Ensemble ganz verschieden.

Man kann nicht nur Schauspielern, sondern auch Regie führen, Pressearbeit machen, beim Bühnenbau oder der Technik helfen. All diese Bereiche werden von den Menschen übernommen, die einfach Lust haben an einem Theaterstück mitzuwirken. Es kann also jeder, der Lust hat, mitmachen.

Die Universität Göttingen unterstützt die Produktionen sowohl finanziell wie auch organisatorisch mit einem Büro und studentischen Hilfskräften.

 

Wie viel Vorstellungen sind geplant und wo kann man Karten erwerben?

Die Premiere ist am 01. Dezember 2018. Danach haben wir noch elf weitere Termine, zwei davon am Sonntagnachmittag um 16 Uhr.

Man kann Karten reservieren entweder per Telefon unter 0551-397077oder per Mail: theaterkarten@gmail.de.

Es gibt vor jeder Aufführung eine kleine Einführung geben. Hier werden kurz das Stück und die Rollen vorgestellt. Es wird dabei vor allem auf die gebärdenden Figuren hingewiesen. Diese soll Gehörlosen erleichtern dem Text zu folgen. Denn auch wenn der Gebärdentext ins Spiel hineininszeniert ist, wollten wir dies trotzdem anbieten.

 

Danke für das Interview und viel Erfolg mit den Aufführungen!

 

Text: Judit Nothdurft

Foto: Miriam Feix

 

 
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