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Experten-Interview März 2020



Bei der SpVgg Greuther Fürth - Anpfiff mit Kommunikationsassistentin

Seit kurzem können gehörlose Fußballfans bei der Spielvereinigung (SpVgg) Greuther Fürth mit einer Kommunikationsassistentin im Stadion das Spiel verfolgen. Über das neue Angebot erzählt uns Birgit Burkhardt vom Behindertenrat der Stadt Fürth.

 

Frau Burkhardt, wie ist dieses Angebot entstanden?

Birgit Burkhardt: Bei einer Stadionführung für Gehörlose, die der Behindertenrat letztes Jahr organisiert hatte, kam die Frage auf, was macht der Verein eigentlich für Gehörlose? Es gibt eine Tribüne für Rollstuhlfahrer und für sehbehinderte Menschen wird das Spiel live über Kopfhörer gesendet. Und wir? Wir wollen auch ein Angebot haben! Sogleich entwickelte sich eine lebhafte Diskussion und es wurde direkt vor Ort mit der Behindertenbeauftragten der SpVgg Tanja Faltin, unserer Kommunikationsassistentin (KA) Heike Peske und den gehörlosen Besuchern ein neues Projekt ins Leben gerufen. Viele Mails und einige Wochen später fand das erste gedolmetschte Spiel statt!

 

Übersetzt die Kommunikationsassistentin die ganze Zeit, also von Anpfiff bis zum Ende?

Nein, denn dann könnten die Gehörlosen das Spiel ja gar nicht verfolgen. Heike Peske (KA) erzählt Interessantes vor dem Spiel und beantwortet Fragen. Während des Spieles trägt sie Kopfhörer und erklärt „nur“ die wichtigen Szenen. In der Pause und nach dem Spiel wird noch über die Ereignisse diskutiert, wie alle anderen Fans das auch tun.

 

Warum wurde für diese Aufgabe eine Kommunikationsassistentin und nicht eine Gebärdensprachdolmetscherin organisiert?

Heike Peske, die regelmäßig für den Behindertenrat dolmetscht, hatte sich bei der oben erwähnten Führung sofort bereit erklärt, bei dem Projekt ehrenamtlich mitzuwirken, ihre Fähigkeiten und ihre Zeit zur Verfügung zu stellen.

Sollte das Projekt auf Dauer vom Kleeblatt (Fanbezeichnung für die SpVgg Greuther Fürth) eingeführt werden, müssten natürlich Gebärdensprachdolmetscherinnen und Kommunikationsassistentinnen gebucht werden.

 

Ist ab sofort also bei allen Heimspielen der SpVgg Greuther Fürth die Kommunikationsassistentin dabei?

In dieser Saison gibt es noch vier Heimspiele, die gedolmetscht werden. Da das Projekt vom Behindertenrat organisiert wird und unsere KA nicht immer zur Verfügung steht, bin ich froh, dass es immerhin vier Spiele sind. Momentan sind die Auswärtsspiele noch ausgeklammert.

 

Wie ist der Ablauf vom Ticketkauf bis zum Treffen im Stadion organisiert?

Die Tickets können bei mir bestellt werden unter der Nummer 015 25 35 78 390, über Whats App oder per SMS. Auch per Mail ist es möglich unter Anmeldung-Inklusion-Behindertenrat@web.de oder über FAX 0911 974 1784.

Ich empfehle es, die Tickets rechtzeitig zu bestellen, da sie nur für einen gewissen Zeitraum geblockt werden können.

 

Wir treffen uns 45 Minuten vor dem Spielbeginn, erkennbar an einem Plakat mit zwei Händen, am Spieltag vor dem Tor G. Dort verteile ich die Karten und erhalte das Eintrittsgeld. Das Spiel gegen den HSV kostet 41,50€, alle anderen 20,00€.

Natürlich sind die Sitzplätze nebeneinander und befinden sich auf der Haupttribüne.

 

Für folgende Spiele kann man jetzt schon Karten bestellen:

13.03.20 gegen den HSV, Beginn um 18.30 Uhr.

05.04.20 gegen VFL Osnabrück, Beginn um 13.30 Uhr

19.04.20 gegen SV Sandhausen, Beginn um 13.30 Uhr

17.05.20 gegen SC Karlsruhe, Beginn um 15.30 Uhr

 

Die Deutschen Fußball Liga gab 2017 die Broschüre „Barrierefrei im Stadion“ heraus, in der die Wünsche und Forderungen der Gehörlosen eingeflossen sind. Einer der Wünsche von gehörlosen Fans war, dass sie wegen des Gemeinschaftserlebnisses gerne zusammen in einem Block sitzen möchten. Wird dies im Fürther Stadion realisiert?

Soweit ich weiß, gibt es normalerweise keinen speziellen Block, wo sich gehörlose Fans treffen können.

Doch bei den von uns organisierten Spielen ist das natürlich so, denn sonst wäre das Dolmetschen nicht möglich. Die Kommunikationsassistentin sitzt bzw. steht seitlich neben den Fans.

 

Wie kommt das Angebot bei den Gehörlosen an?

Theoretisch ganz gut. Leider trauen sich noch nicht viele. Ich glaube, es bestehen Unsicherheiten was auf Sie im Stadion zukommen könnte, da es vor Ort unruhig und turbulent zugehen kann. Doch dafür sind wir mit dabei und in der Gruppe ist das Fußballerlebnis ein ganz anderes.

 

Und was sagen die hörenden Zuschauer im Umfeld?

Bis jetzt habe ich nur positive Rückmeldungen erhalten. Die hörenden Fans sind erstaunt, interessiert und finden es gut, dass es dieses Angebot gibt.

 

In wie weit unterstützt die Spielvereinigung Greuther Fürth dieses Projekt?

Wie gesagt, es sind noch vier Spiele geplant. Nach jedem Spiel werden die Wünsche und Erfahrungen der gehörlosen Zuschauer gesammelt. Ob das Angebot in der nächsten Saison wieder angeboten und vielleicht sogar ausgeweitet werden kann, liegt an der Teilnahme der Gehörlosen. Die Spielvereinigung ist offen für Ideen und für die Fortsetzung.

 

Vielen Dank für das Interview!

 

Text: Judit Nothdurft

Foto: Birgit Burkhardt

 

 

 
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