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Experten-Interview Februar 2012



Ralf Brauns: Wir sind ganz stolz auf unseren Verband!

 

Der Bundesverband für taube Selbständige feiert bald seinen ersten Geburtstag. Aus diesem Anlass habe ich mich mit dem 2. Vorsitzenden Ralf Brauns unterhalten.

 

Judit Nothdurft: Der Bundesverband für taube Selbständige wurde am 01.04.2011 gegründet. Es war aber kein Aprilscherz….

Ralf Brauns: Nein! Es ist uns wirklich gelungen, diesen Verband endlich zu gründen, worauf wir ganz stolz sind! Der offizielle Gründungstermin war am 02. April, aber das Treffen fand bereits am 01. April 2011 statt.

 

So einen Verband gab es noch nie in Deutschland. Wer und wie kam auf die Idee ihn zu gründen?

Oh, es gab mehrere Anläufe bis zu unserer Gründung. Vor ca. 10 Jahren hatte Wilfried Wareka (Videomedia) aus Kassel die Idee, die selbständigen Tauben zu einem Treffen „zusammenzutrommeln“, aber daraus wurde leider nichts.

Später wollten Herrmann Eder und ich erneut versuchen, eine Verbandsgründung zu organisieren, was wiederum nicht klappte.

Sandra Friedrich hat Anfang 2011 im Taubenschlag die tauben Unternehmer/Innen und Selbständigen zu einem Treffen nach Potsdam eingeladen,  bei dem es um die Gründung eines Berufsverbandes der tauben Selbständigen und Unternehmer/Innen ging.

Hier wurde dann endlich der Verband im April gegründet und bereits im Mai fand das erste Seminar mit Dr. Uli Hase zum Thema „Karriereplanung“ in Cuxhaven statt.

 

Wie viele gehörlose Unternehmer gibt es in Deutschland?

Genaue Zahlen kennen wir nicht, aber wir gehen davon aus, dass es mehr als 60 gibt! Erstaunlicherweise sind sehr viele davon in den neuen Bundesländern tätig, z.B in Hotel-, und Restaurant-Familienbetrieben!

 

Was kostet eigentlich die Mitgliedschaft?

Ordentliche und außerordentliche Mitglieder zahlen einen Jahresbeitrag von 120€, die Fördermitglieder können frei die Höhe ihres Beitrages entscheiden.

 

Welche Ziele hat sich der Verband gesetzt und wie weit könnt ihr eure Mitglieder unterstützen?

Der Bundesverband konzentriert sich auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen von tauben Selbständigen und Unternehmern wie z.B Rechtsanspruch auf Hilfsmittelförderung. Es wird ein schwieriger Weg, denn dieser Bereich ist noch ganz neu. Für uns ist auch wichtig, dass die tauben Selbständigen und Unternehmer sowie die nebenbei Freiberuflichen gefördert werden. Hierzu ermöglicht der Bundesverband jedem einen Austausch, eine weitere Professionalisierung ihrer Arbeitsbereiche, z.B. durch Seminare und Weiterbildungsangebote.

 

Wir kämpfen gemeinsam auch für die Anerkennung unserer Rechte z.B:

- Wir wollen erreichen, dass die Arbeitsassistenten flexibel und individuell bezahlt werden.

Momentan liegt der Höchstsatz bei 1.100,00€ im Monat. Davon kann man keinen Dolmetscher für die volle Arbeitszeit buchen. Gerade taube Selbständige brauchen oft einen Dolmetscher auch an den Wochenenden, wie in meinem Fall auf Messen oder Aktionstagen. So einen Einsatz müsste ich aus der eigenen Tasche bezahlen, da mein Budget schon mit den regulären Arbeitszeiten ausgeschöpft ist.

 

Zur Zeit sammeln wir jede Bewilligung bzw. Ablehnung von den Ämtern, um unsere Rechte einzufordern und somit unsere Ziele zu verwirklichen.

 

Aus welchen Branchen kommen die Mitglieder?

Wir haben bereits 30 Mitglieder! Sie kommen aus ganz unterschiedlichen Branchen, es sind dabei Architekt, Zahntechniker, Therapeut, Orthopädie-Techniker, Dekorateur, Friseur, Mediengestalter, Bäcker, Diplom Informatiker, Gebärdensprachdozent usw.

 

Wenn sich ein Gehörloser selbständig machen möchte, worauf sollte er besonders aufpassen?

Man muss sich fragen, ob man gewillt ist, mehr zu arbeiten, mit ungewissem Einkommen, mit mehr Verantwortung und hoher Disziplin. Wenn man diese Punkte mit Ja beantworten kann, benötigt man eine Planung, einen Finanzplan und eine Geschäftsgründung. Einfacher und vorteilhafter wäre natürlich z.B. die Übernahme eines Familienbetriebes.

 

Gibt es eigentlich typische Probleme für gehörlose Unternehmer und wenn ja, welche sind es?

Ohne technische und kommunikative Hilfsmittel kommen die Tauben sicherlich nur schwer durch. Wichtig ist z.B. der Einsatz vom Arbeitsassistenz / Dolmetscher bei Gesprächen mit Mitarbeitern, Kunden/Klienten/Patienten, Vertriebsvertretern.

Aber auch die Telefonate mit Telesign per Bildtelefon / VIPAD, Tess per Webcam, visuelle Signale für Telefon- und Türklingel und Vibration sind unerlässlich in unserem Geschäftsalltag.

 

Sie sind selbst ein erfolgreicher Geschäftsmann und Chef von 10 Mitarbeitern. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht und welche Ratschläge haben Sie für Start-Unternehmer?

Ich finde, dass eine gute Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern sehr wichtig ist. Mann muss einander akzeptieren und die nötige Loyalität einander gegenüber aufbringen. Wenn die Mitarbeiter auch noch einiges über die Gehörlosenkultur wissen und sogar bereit sind etwas DGS zu erlernen, dann kann nichts mehr schief gehen.

 

Das nächste Treffen des Bundesverbandes findet in Herborn vom 23.-25.03.2012 statt. Welche Themen erwarten diesmal die Teilnehmer?

Zum Thema "Zeitmanagement" hält Marion Bednorz einen Vortrag. Thomas Worsek referiert über „Rechtsansprüche bei Selbständigkeit". Außerdem findet ein Erfahrungs- und Informationsaustausch statt. Wir würden uns sehr freuen, neue Gesichter zu sehen und hoffen auf neue Interessenten, die erst jetzt vom Verband erfahren haben oder sich bis jetzt noch nicht getraut haben! Weitere Information finden sie auf unserer Homepage: www.bvtsu.de

WIR FREUEN UNS AUF SIE!

 

 

Herzlichen Dank für das Interview und ich wünsche dem Verband viel Erfolg!

 

Text: Judit Nothdurft

Foto: Ralf Brauns

 

 

 

 
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