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Experten-Interview Februar 2014



Wie Inklusion tatsächlich umgesetzt werden kann

 

In Rummelsberg in Bayern befindet sich das Hotel „Anders“, wo Inklusion nicht nur auf dem Papier existiert. Meine Gesprächspartnerin ist diesmal Pia Angele, die Geschäftsführerin des Hotels.

 

Frau Angele: Ihr Hotel heißt nicht nur „Anders“, sondern hier im Betrieb ist tatsächlich einiges anders….

Pia Angele: Ja, die Hälfte unserer Beschäftigten ist behindert! Wir haben insgesamt 26 Mitarbeiter, die meisten mit unterschiedlichen Lernbehinderungen und psychischen Hintergründen, Epileptiker, körperliche Behinderungen und eine Gehörlose.

 

Welche Idee steht hinter diesem Projekt?

Der Inklusionsgedanke ist der treibende Faktor. Wir möchten zeigen und tun das auch, dass ein Miteinander von Behinderten und Nichtbehinderten auch im Berufsalltag funktioniert und dass jeder Mensch etwas kann und es einbringen kann.

 

Nach welchen Kriterien wurden die behinderten Mitarbeiter ausgewählt und welche Aufgaben haben sie?

Unsere Beschäftigten bewerben sich bei Interesse selbst und wir sehen dann bei einem Vorstellungstermin, was für Einschränkungen bestehen. Dementsprechend suchen wir eine Tätigkeit für sie, wie zum Beispiel Arbeiten im Restaurant am Gast, Tische eindecken, Gläser und Besteck polieren, Zuarbeiten in der Küche, Zimmerreinigung und Wäscheservice

 

Eine Ihrer Mitarbeiterinnen ist gehörlos. Was ist Ihre Aufgabe im Hotelbetrieb?

Heike ist unsere Hausdame. Sie arbeitet selbst auf den Zimmern, lernt unsere Praktikanten an, kümmert sich um Wäsche und Reinigungsmaterial. Sie unterrichtet regelmäßig unsere Behinderten, die im Hotel arbeiten, in Gebärdensprache.

 

Wie klappt die Kommunikation zwischen ihrer gehörlosen Mitarbeiterin und den anderen Kollegen?

Unsere Hausdame spricht sehr gut und liest sehr gut von den Lippen ab, ansonsten gibt es immer noch Stift und Papier oder Dolmetscher. Man bekommt auch Übung im Umgang damit. Dies merken wir, wenn wir andere gehörlose Praktikanten im Haus haben. Man versteht mehr Gesten intuitiv als man anfangs denkt.

 

Wie reagieren die Hotelgäste auf die behinderten Mitarbeiter?

Unsere Gäste unterstützen das Projekt und finden es sehr gut.

 

Ist es für Sie als Geschäftsführerin auch eine besondere Herausforderung mit behinderten und nichtbehinderten zu arbeiten?

Ja, denn ich muss den geregelten Ablauf für die Gäste garantieren und meine nichtbehinderten Mitarbeiter müssen ihr Tagesgeschäft schaffen. Gleichzeitig wird gefördert und gefordert. Das ist manchmal schwierig, gerade, wenn viel los ist!

 

Können Sie sich vorstellen, weitere Behinderte z.B. Gehörlose zu beschäftigen oder sogar auszubilden?

Wir haben einen Stamm an nichtbehinderten Mitarbeitern, die immer zu jeder Schicht da sein müssen. Wir bilden im Moment ausschließlich Menschen mit Einschränkungen oder Behinderungen aus oder lernen Sie an.

 

Zurzeit ist dies das einzige Hotel in Bayern, wo so ein Inklusionsprojekt realisiert wird. Glauben Sie, dass Ihrem Beispiel auch andere Betriebe im Hotel- und Gaststättengewerbe folgen könnten?

Wir sind Mitglied eines Hotelverbundes “Embrace Hotels“. Alle Mitglieder, im Moment 45 an der Zahl, haben die gleiche Intention (=Absicht), nämlich Inklusion und leben und arbeiten das schon. Embrace gibt es seit 2008 und überall in Deutschland. Anfangs war es nur hier im Lande, mittlerweile sind Häuser auch in Italien, Schweiz und Griechenland.

Die Hotels haben unterschiedliche Schwerpunkte, z.B. Epilepsie im Lindenhof in Bielefeld, Down Syndrom im Stadthaushotel in Hamburg etc. Teilweise sind sie auch mit barrierefreien Zimmern ausgestattet. Der Witikohof in Niederbayern z.B. ist ein tolles Wellness Hotel für Körperbehinderte, näheres auf www.embrace-hotels.de

 

Wie Sie sehen, da sind schon viele Menschen, die Inklusion umsetzen und möglich machen.

 

Vielen Dank für das Interview!

Text: Judit Nothdurft

Bild: Angelika Salomon

 

 
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