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Experten-Interview Mai 2014



Achtung, ab 1. Mai ist der Führerschein schon mit acht Punkten weg!

 

Jan Stöffler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht, Familienrecht und Sozialrecht aus Buxtehude, erklärt uns, welche Änderungen das neue Punktesystem in Flensburg mit sich bringt.

 

Herr Stöffler, ab 01. Mai tritt das neue Punktesystem in der Flensburger Verkehrssünderkartei in Kraft. Zukünftig ist der Führerschein mit acht statt bisher 18 Punkte weg. Ist das neue Punktsystem deutlich härter als das alte?

Dies lässt sich pauschal so nicht sagen. Zwar wird die Fahrerlaubnis zukünftig nach 8 statt 18 Punkten entzogen, jedoch werden auch zukünftig weniger Punkte pro ‚Tat‘ vergeben. Für Ordnungswidrigkeiten wurden früher bis zu 4 Punkte und Straftaten bis zu 7 Punkte und nach dem neuen Recht werden für Ordnungswidrigkeiten bis zu 2 und für Straftaten bis zu 3 Punkte eingetragen. Die Bewertung insoweit wurde stark vereinfacht.

 

Nach welchen Kriterien werden jetzt die Punkte vergeben?

Nach dem neuen System werden für schwere Verstöße (Ordnungswidrigkeit): 1 Punkt, besonders schwere Verstöße (Ordnungswidrigkeiten mit Fahrverbot oder Straftaten ohne oder mit Fahrverbot bis zu 3 Monaten) 2 Punkte und Straftaten mit Entziehung der Fahrerlaubnis 3 Punkte eingetragen. Neu ist, dass solche Taten eingetragen werden, die eine unmittelbare Bedeutung für die Verkehrssicherheit haben. Die Grenze für eintragungspflichtige Ordnungswidrigkeiten liegt bei 60,00 €. Bei Verstößen, die mit weniger als 60,00 € geahndet werden, handelt es sich um nicht eintragungspflichtige Verwarnungen.

 

Was passiert mit den bereits vorhandenen Punkten? Werden Sie jetzt gelöscht oder umgerechnet?

Zum Teil werden die Punkte gelöscht und zwar diejenigen Punkte, die nach dem neuen Recht nicht mehr eingetragen würden. Dies betrifft die Taten, die keine unmittelbare Bedeutung für die Verkehrssicherheit haben, wie z.B. Fahren in der Umweltzone ohne Plakette oder Fahren ohne Kennzeichen. Die Löschung geschieht automatisch.

 

Im Übrigen erfolgt eine Umrechnung wie folgt:

 

Alter Punktestand:

ab 01.05.2014

1-3

1

4-5

2

6-7

3

8-9

4

10-11

5

12-13

6

14-15

7

16-17

7

18

8

 

 

Ändern sich die Verjährungsfristen? Werden sie kürzer oder länger?

Die Verjährungsfristen ändern sich, werden aber nicht pauschal länger oder kürzer, sondern sind im Gegensatz zum bisherigen Recht, wo sich die Fristen durch weitere Eintragungen in der Regel verlängert haben, starr. Taten mit 1 Punkt verjähren nach 2,5 Jahren, Taten mit 2 Punkten nach 5 Jahren und Taten mit 3 Punkten nach 10 Jahren. Für die bisherigen Eintragungen verbleibt es auch nach der Umrechnung nach den alten Verjährungsfristen.

 

Wenn ein Autofahrer in der Vergangenheit – kurz bevor seine Punkte gelöscht wurden– erneut Punkte gesammelt hat, blieben auch seine alten Punkte bestehen. Gibt es hier eine Änderung?

Ja, in Zukunft werden die ‚alten‘ Punkte nach Ablauf der Verjährungsfrist gelöscht. Allerdings gilt das Tattagsprinzip, d.h. es können auch nach Rechtskraft einer Entscheidung und einer zwischenzeitlichen Tilgung der Punkte (durch die Dauer des Verfahrens) dennoch führerscheinrechtliche Maßnahmen ergriffen werden können.

 

Wenn man früher falsch geparkt hat, z.B. in der Feuerwehreinfahrt, dann gab es sofort neben dem Bußgeld auch Punkte in Flensburg. Bleibt es weiterhin so?

Ja, wenn hierdurch Rettungsfahrzeuge behindert werden. Insoweit wurde das Bußgeld auf 65,00 € für das Parken vor der Feuerwehrzufahrt erhöht. Ohne Behinderung fallen keine Punkte an.

 

Wie ist es mit Beleidigung im Straßenverkehr oder ein Unfall mit Leichtverletzten oder betrunken Fahrrad fahren? Gibt es dafür auch Punkte?

Für diese Taten gibt es keine Punkte, für einen Unfall mit einem Leichtverletzten dann nicht, wenn nicht zusätzlich ein Fahrverbot verhängt wurde oder zumindest kein eintragungspflichtiger Verkehrsverstoß begangen wurde, welcher im Ergebnis zum Unfall geführt hat. Unabhängig hiervon stellen diese Verstöße Straftaten dar, die auch entsprechend bestraft werden. Auch das Fahren mit dem Fahrrad im betrunkenen Zustand kann dazu führen, dass die Fahrerlaubnis entzogen wird.

 

Der Gesetzgeber will bei schweren Ordnungswidrigkeiten besonders hart durchgreifen, hierfür gibt es sofort zwei Punkte. Was versteht man unter „schwere Ordnungswidrigkeiten“?

Besonders schwere Ordnungswidrigkeiten werden mit einem Fahrverbot und 2 Punkte belegt. Ein solcher liegt vor, wenn grob verkehrswidrig gehandelt wurde, wie z.B. einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mehr als 31 km/h innerorts oder die Missachtung des Rotlichts bei einer Rotlichtphase von mehr als einer Sekunde, mit einer Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer oder auch Fahren unter dem Einfluss von Drogen oder Alkohol (bei mehr als 0,5 Promille).

 

Ab 01. Mai gibt es nicht nur ein neues Punktesystem, sondern auch einen neuen Bußgeldkatalog. Wofür muss man zukünftig im Straßenverkehr (mehr) Strafe zahlen?

Bei zahlreichen Taten haben sich die Strafen in der Tat zum Teil erheblich erhöht. Dies liegt in erster Linie daran, dass die Eintragungsgrenze für Geldbußen von 40 € auf 60 € angehoben wurde. Die Begründung hierfür liegt darin, dass sich das neue Fahrereignungsregister auf verkehrssicherheitsrelevante Verkehrsverstöße konzentrieren soll. Allerdings wurden einige Regelsätze für Ordnungswidrigkeiten nach oben hin angepasst, so dass diese auch weiterhin zu einer Eintragung in Flensburg führen, wie z.B.: Verstoß gegen die Winterreifenpflicht von 40,00 € auf 60,00 €; Vorfahrt oder Stoppschild missachten mit Gefährdung von 50,00 € auf 60,00 €; Verstoß gegen die Fahrtenbuchauflage von 50,00 € auf 100,00 €.

 

Um Punkte abzubauen, kann man sogenannte „Fahreignungsseminare“ besuchen. Was kosten diese Seminare und wo werden sie durchgeführt?

Auch nach neuem Recht ist ein Punkteabbau möglich. Wer beim Stand von 1 bis 5 Punkten am etwa 400 € teuren Fahreignungsseminar freiwillig teilnimmt, bekommt 1 Punkt erlassen. Punkte durch freiwillige Seminarteilnahme können nur einmal in 5 Jahren abgebaut werden. Das Fahreignungsseminar besteht aus zwei Teilmaßnahmen. Die Verkehrspädagogische Teilmaßnahme findet in der Fahrschule statt. Die Verkehrspsychologische Teilmaßnahme findet bei einem Verkehrspsychologen statt. Insoweit kann man sich bei der zuständigen Führerscheinstelle erkundigen, wo die jeweiligen Teilmaßnahmen durchgeführt werden können.

 

Beraten Sie auch gehörlose Mandanten?

Ja, ich setze mich für die Belange der Hörgeschädigten ein, insbesondere aufgrund der Tatsache, dass ich selbst seit meinem 2. Lebensjahr an Taubheit grenzend schwerhörig bin. Ich bin auch im Vorstand vom ‚Bund der Schwerhörigen‘ in Hamburg und im Verein ‚Hören ohne Barriere‘ in Stade tätig. Aus diesem Grunde habe ich auch den Fachanwaltstitel für Sozialrecht erworben. Die Hörgeschädigten berate ich bundesweit auch in DGS.

 

Zu welchen Themen werden Sie von gehörlosen Mandanten besonders oft gefragt?

In erster Linie werde ich von den Hörgeschädigten zur Feststellung des Grades der Behinderung und zu Fragen der Hörgerätefinanzierung befragt. Es kommen aber auch Fragen aus den familienrechtlichen, verkehrsrechtlichen und erbrechtlichen Bereichen.

 

Vielen Dank für das Interview!

 

Text: Judit Nothdurft

Bild: Jan Stöffler

 
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