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Experten-Interview März 2015



Endlich ein barrierefreier Notruf auch für Hörbehinderte?

 

Seit 2013 entwickelt die Berliner Firma App-Sec-Network UG die Notruf–App „HandHelp". Der Geschäftsführer Andreas Muchow stellt uns die Funktionen und die Einsatzmöglichkeiten der Notruf-App vor.

 

Seit Jahren warten hörbehinderte Menschen auf die Möglichkeit, über einen barrierefreien Notruf, Hilfe zu holen. Ist HandHelp barrierefrei?

Andreas Muchow: Ja, HandHelp ist für Hörbehinderte und sprachbeeinträchtigte Menschen barrierefrei. Bereits für die Umsetzung unserer Erfindung verfolgten wir dieses Ziel. HandHelp ist zurzeit nutzbar auf dem Betriebssystem Android ab Version 4.0. Für die Betriebssysteme iOS, Windows Phone und BlackBerry wird die Barrierefreiheit in Kürze zur Verfügung stehen. Dann können auch Blinde und Sehbehinderte alle Funktionen ebenfalls uneingeschränkt nutzen.

 

Wie ist der Ablauf im Falle eines Notrufs?

Zuerst muss der Nutzer die App auf seinem Handy einrichten, um die in HandHelp automatisierten Abläufe nutzen zu können. Diese einmalige Einrichtung ist einfach und man benötigt nur wenige Minuten, siehe unser Video mit Untertiteln auf www.notruf-gehörlose.de.

Alle Angaben des Nutzers zur Sicherung der automatisierten Abläufe sind freiwillig. Ich möchte darauf hinweisen, dass die Anforderung professioneller Hilfe umso effizienter ist, desto umfangreicher der Nutzer sein Nutzerprofil gestaltet (z.B. Daten von Vertrauenspersonen, Gebärdensprachdolmetschern usw.).

Im Notfall muss der Nutzer nur noch auf den HandHelp-Button drücken und löst damit eine automatisierte Notfall-Meldung aus. Diese geht direkt an die Polizei oder Feuerwehr (Rettungsdienste). Ebenfalls durch Knopfdruck können auch Angaben über die Art bzw. den Grund des Notfalls oder die Anzahl der Verletzten gemacht werden.

 

Mit HandHelp haben jetzt auch gesundheitlich beeinträchtigte Menschen die Möglichkeit Anderen zu helfen und Zivilcourage zu zeigen, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen. Durch einen entsprechenden Tastendruck auf der App, kann man für in Not geratene Bürger professionelle Hilfe holen. Wir wollten hier für Zivilcourage ein Zeichen setzen, in dem endlich jeder gefahrlos handeln kann.

In einem solchen Fall empfehlen wir: Knopfdruck – sich entfernen – professionelle Hilfe kommt!

 

Geht der Notruf direkt an die Polizei, Feuerwehr, Rettungsstellen oder gibt es eine Vermittlungsstelle?

Die Notfall-Meldungen gehen direkt an die Leitstellen der Polizei, Feuerwehr / Rettungsdienste. Es war bereits bei der Entwicklung von HandHelp ein entscheidendes Anliegen. Die Berücksichtigung der kürzesten Helferkette spielte eine sehr wichtige Rolle, denn in einem Notfall kann es um Sekunden gehen.

 

Wie schnell können die Retter vor Ort sein?

Die Notfall-Meldungen über HandHelp erfolgen in schriftlicher Form. Das ist deshalb von Bedeutung, weil „schriftliche Notrufe“ bevorzugt von den jeweiligen Leitstellen bearbeitet werden, ohne „Notruf-Warteschleifen“. Zudem liegen unserer Notfall-Meldung automatisch Ortungsdaten sowie Bild- und Tonmaterialien vom jeweiligen Ort des Geschehens bei. Diese ermöglichen den Disponenten bei der Polizei und Feuerwehr (Rettungsdiensten) eine sofortige und zielgerichtete Einleitung von Rettungsmaßnahmen. Entsprechend schnell werden die Rettungskräfte vor Ort sein. In der Regel soll ein Einsatz innerhalb von 8 Minuten erfolgen, das können wir bestätigen.

 

Woher wissen Gehörlose, dass ihr Notruf an der richtigen Stelle angekommen ist? Bekommen sie eine Antwort per SMS oder…

Mit Auslösen des Notrufs mittels HandHelp wird abschließend die Versendung der Notfall-Meldung per automatisiertem Hinweistext schriftlich bestätigt. Als weitere Info kann der Nutzer selbst eine SMS und Email über die eigene Notfall-Meldung erhalten.

 

Bei Notfällen, besonders bei Unfällen, sollte man die sogenannten 5 W-Fragen beantworten. Kann man diese auch über die App kommunizieren?

HandHelp beantwortet die üblichen 5-W-Fragen vollautomatisch. Die Grundlage dafür sind, die vom Nutzer hinterlegten Angaben und Auslösemöglichkeiten. Diese werden mit der Notfall-Meldung an die Polizei bzw. Feuerwehr (Rettungsdienste) direkt übermittelt.

Die Fragen

Wo ist es passiert?

Was ist geschehen?

Wie viele Personen sind betroffen / verletzt?

Welche Art des Notfalls liegt vor?

Warten auf Rückfragen?

sind durch Knopfdruck beantwortet.

Außerdem wird die nicht unterdrückbare Mobilfunknummer des Nutzers, genaue Zeitangaben und der Name des Betroffenen bzw. Zeugen übermittelt. Durch die nicht unterdrückbare Rückrufnummer werden langfristig auch die „Fake-Anrufe“ reduziert.

 

Wie klappt die Ortung bei Unfällen oder Hilferufen, wenn die Person keine Adresse nennen kann?

HandHelp ist so ausgerichtet, dass egal wo der Nutzer sich befindet, die jeweilige genaue Adresse zuzüglich Zeitangabe mit der Notfall-Meldung übermittelt wird. Hierzu nutzen wir modernste Technik der Satelliten- / WLAN- / Funknetz-Übertragung. Das gilt weltweit. Darüber hinaus ist in vielen Fällen ein deutlicher Rückschluss über den Aufenthaltsort durch die vom Nutzer in seinem Nutzerprofil hinterlegten Angaben möglich (Hausadresse, Geschäftsadresse, Urlaubsadresse oder auch benutzerdefinierte Adresse).

 

Wir sind besonders stolz darauf, dass selbst bei einem Ausfall von Ortungsnetzen, den  niemand beeinflussen kann, unsere App automatisch die übliche Telefontastatur anzeigt. Hier findet der Nutzer die jeweilige Notrufnummer des Landes, in dem er sich befindet. Sie ist bereits in unserer App integriert und wird angezeigt. Ein derartiger Notruf wird auch ohne Sprache via Funknetz / GSM durch die Rettungskräfte geortet.

 

Ist der Notruf täglich 24 Stunden einsatzbereit?

Die Notruf-App HandHelp ist rund um die Uhr einsatzbereit.

 

Zurzeit kostet die App 2,00 € monatlich. Können Sie sich vorstellen diese in einem absehbaren Zeitraum kostenlos anzubieten?

Unser Ziel ist, HandHelp in absehbarer Zeit für jeden kostenlos anzubieten. Zur Zeit haben wir ein Jahresangebot mit dem zwei Monatsgebühren eingespart werden können. So lassen sich die Kosten auf monatlich 1,66 € reduzieren. Die ersten 7 Tage kann jeder HandHelp kostenlos testen und sich selbst überzeugen.

 

Wir sprechen hier von Gebühren, weil wir zur Aufrechterhaltung unserer Leistungen Supportdienste, kostenlose Updates und Betriebskosten finanzieren müssen. Seit 2013 setzen wir unsere gesamte innovative Kraft und finanzielle Mittel dafür ein, dass wir allen Menschen, ein modernes und gleichzeitig wirksames Instrument in die Hand geben können, ohne jegliche Klassifizierung und Diskriminierung.

Noch dazu, HandHelp ist werbefrei und so soll es auch bleiben. Wir meinen, Werbung passt nicht zu einem derartigen Produkt. Das gleiche Interesse unterstellen wir auch unseren Nutzern.

Nach wie vor sind wir auf der Suche nach einem passenden Partner, der unser soziales Engagement im Rahmen unserer Maxime mittragen möchte und gegebenenfalls eine kostenlose Variante ermöglicht. Wir haben auch bereits alle Verantwortlichen aus der Politik über HandHelp informiert, bis jetzt wurde weder Resonanz noch Interesse gezeigt.

 

Bereits mehr als 2000 Menschen nutzen bundesweit "HandHelp". Ist die App auch im Ausland einsetzbar?

Ja, HandHelp ist mehrsprachig und wird deshalb nicht nur in Deutschland genutzt. Wir haben bereits mehrere Nutzer aus den USA, Österreich, Schweiz, Indien, etc.

 

Nehmen wir an, dass jemand in China unterwegs ist. Wo geht dann ein Hilferuf ein?

Für die Bürgerinnen und Bürger Deutschlands, Österreichs, der Schweiz und Liechtenstein werden die jeweiligen Auslandsvertretungen über einen Notfall des Betroffenen informiert. Diese können daher vor Ort die notwendigen Schritte einleiten. Die Auslandsvertretungen weltweit haben sich zur gegenseitigen Hilfe verpflichtet.

Unsere App wird auch in Fremdsprachen übersetzt, um die Nutzung auch für weitere Länder zu erweitern. So können auch z.B. 70 Millionen Gehörlose weltweit den gleichen Nutzen daraus ziehen.

 

Zum Schluss möchte ich gern wissen, wie Sie auf die Idee gekommen sind, so eine App zu entwickeln?

Mein Geschäftspartner Helmut Stephan und ich haben uns lange überlegt, womit man sich selbst schützen, Leidenswege für andere verkürzen, Leben retten und sinnvoll Zivilcourage zeigen kann, ohne Gefahr. Wir wollten nicht nur (mit)reden, sondern handeln. Als die App-Idee klar war, haben wir die Firma App-Sec-Network UG gegründet und schließlich unsere Innovation zum Patent angemeldet.

 

Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg!

Text: Judit Nothdurft

Bild: Andreas Muchow  

 
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