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Experten-Interview September 2016



Gehörloser Mitarbeiter führt durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft

 

Ende August haben verschiedene Ministerien ihre Türen für Besucher geöffnet. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat ein außergewöhnliches Angebot für Gehörlose vorbereitet: Zwei Führungen durch das Haus mit dem tauben Ricardo Scheuerer.

 

Herr Scheuerer, Sie kennen sich in diesem Ministeriumsgebäude (BMEL) besonders gut aus….

Ricardo Scheuerer: Ja, im August 2013 wurde ich als Azubi eingestellt und seit Juli 2016 bin ich als Mitarbeiter übernommen worden. Ich habe in verschiedenen Referaten gelernt und gearbeitet. Um sich in solch einem umfangreichen Haus gut auszukennen, bedarf es jahrelanger Erfahrungen. Trotzdem kann ich nach drei Jahren Ausbildung und viel Lesen über das Ministerium BMEL Ministerium schon sagen, dass ich eine Führung gut durchführen und gestalten kann.

 

Wie haben die Besucher auf Ihre Führung reagiert?

Aus meinen vorherigen Erfahrungen der letzten 2 Jahre, in denen ich Führungen in Gebärdensprache angeboten habe, kann ich sagen, dass das Angebot gut angenommen wurde. Im Durchschnitt dauerte eine Führung 30 Minuten. Sie beinhaltete Geschichte, Hintergrundwissen zur früheren Nutzung des historischen Gebäudes Wilhelmstr. 54, Aufbau des Ministeriums, Büro des Bundesministers, politische Informationen und natürlich wurde auch darüber aufgeklärt, wie eine Videokonferenz funktioniert.

Die 15 gehörlosen Besucher hatten viele Fragen über meine konkrete Arbeit gestellt, diese konnte ich zum Teil aus Datenschutzgründen nicht vertieft beantworten. Es zeigte sich seitens der Besucher auch ein großes Interesse an der Geschichte des Ministeriums und der Wilhelmstraße. Danach gab es noch einen regen Austausch.

 

Können Sie unseren Lesern das Ministerium und den Bereich, wo Sie arbeiten, kurz vorstellen?

Ich arbeite im Leitungsstab „Strategische Kommunikation, Öffentlichkeitsarbeit, Protokoll". Mein Aufgabenbereich ist vor allem der Besucherdienst und ich unterstütze alle notwendigen Arbeiten, wie z.B: Vorbereitung für den Empfang von Besuchergruppen und deren Betreuung, Mitorganisation von Veranstaltungen, Schriftverkehr, „klassische“ Büroarbeiten und einiges mehr.

 

Wie sind Sie zum Ausbildungsplatz gekommen und welche Voraussetzungen mussten Sie erfüllen?

Ich hatte mich beim Bundesverwaltungsamt beworben und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat meine Bewerbung angenommen und mich zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Vorher musste ich einen Eignungstest schreiben, den ich bestanden habe. Ich bin dankbar für die Chance, dass das BMEL mir einen Ausbildungsplatz angeboten hat.

 

Sind Sie der einzige gehörlose Mitarbeiter im Ministerium?

Ja, ich bin der einzige gehörlose Mitarbeiter im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Hier im Haus wird Inklusion umgesetzt, es gibt außer mir auch blinde, schwerhörige und körperlich beeinträchtigte Mitarbeiter.

 

Was haben Sie von Ihrer Ausbildung erwartet und wie weit wurden Ihre Wünsche erfüllt?

Von der Ausbildung habe ich erwartet, dass ich eine qualitativ hochwertige Ausbildung bekomme und viele verschiedene Arbeitsbereiche kennenlernen darf, z.B. im Personalreferat, Innerer Dienst, Internationaler Handel, Welternährung und Registratur.

Mein Wunsch und Anspruch an mich selbst war ein guter Abschluss. Das ist gelungen. Ich muss sagen, dass auch alle Wünsche nicht enttäuscht wurden und ich voll zufrieden bin.

 

Welche Aufgaben machten Ihnen während der Ausbildung besonders viel Spaß?

Im Allgemeinen mag ich jede Arbeit, aber eine besondere Vorliebe habe ich für Aufgaben, die Kommunikation sowie spontanes Entscheiden und Handeln benötigen.

 

Und was machen Sie weniger gern?

Da gibt es nichts! Ich nehme alle Aufgaben gerne an und freue mich über neue Herausforderungen.

 

Wie klappt die Kommunikation mit den hörenden Kollegen

Ich habe täglich Gebärdensprachdolmetscher (mehrere) dabei, sie stehen mir zwischen 6 bis 8 Stunden zur Verfügung. Die Kommunikation mit den hörenden Kollegen läuft einwandfrei.

 

Wie sieht Ihr Arbeitsplatz aus? Welche technischen Hilfsmittel haben Sie?

Mein Arbeitsplatz sieht gut aus und zurzeit habe ich täglich Gebärdensprachdolmetscher. Ich selbst benötige keine technischen Hilfsmittel, aber meine Dolmetscher haben extra ein Headset bekommen, damit sie bei Telefonaten frei gebärden können.

 

Was sind Ihre weiteren beruflichen Ziele?

Mein Ziel ist, die Arbeiten im Ministerium zu unterstützen, damit die politische Arbeit positiv verläuft.

 

Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg!

 

Text: Judit Nothdurft

Foto: BMEL

 
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