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Experten-Interview Februar 2017



MDR bietet mehr Programm für Hörbehinderte/ Gehörlose

 

Seit Anfang des Jahres ist der MDR wieder einen Schritt weiter auf dem Weg zur barrierefreien Programm, davon profitieren auch die hörbehinderten Zuschauer. Mehr über diese Angebote erfahren Sie im Gespräch mit Georg Schmolz, dem Leiter Barrierefreiheit in der Redaktion Telemedien des MDR.

 

Welche neuen barrierefreien Angebote gibt es jetzt beim MDR?

Georg Schmolz: Seit 2. Januar 2017 bieten wir als Livestream sowie zum Nachschauen in der Mediathek die beiden Abendausgaben unseres TV-Nachrichtenmagazins „MDR aktuell“ um 19.30 und 21.45 Uhr mit Gebärdensprachdolmetscher an. Die Zuschauerinnen und Zuschauer können die Nachrichtensendungen aber auch via Smart-TV, dem sogenannten HbbTV, am Fernseher verfolgen.

Das barrierefreie Nachrichtenangebot des MDR mit Gebärdensprache in der MDR-Mediathek finden Sie hier: www.mdr.de/mediathek

 

Außerdem werden vier weitere regelmäßige Sendungen untertitelt:

 

o   das beliebte Ratgebermagazin „MDR Garten (Sonntag 8:30 Uhr)

o   das regionale Porträt "Unser Dorf hat Wochenende" (sonntags 9:00 Uhr)

o   "Spur der Täter" bzw. "Spur der Ahnen" (mittwochs 21:15 Uhr)

o   das Magazin zu Lebensfragen "nah dran" (donnerstags 22.35 Uhr)

 

Und in der Mediathek gibt es eine neue Funktion, mit der die Beiträge langsamer abgespielt werden können. Für Menschen mit Lernschwierigkeiten bieten wir darüber hinaus ab 28. Januar die wichtigsten Nachrichten der Woche online in Leichter Sprache an. Ausgebaut wird auch die Audiodeskription für blinde und sehbehinderte Zuschauer. Seit Januar werden zudem die großen Samstagabend-Unterhaltungsendungen mit Florian Silbereisen im Ersten live hörbeschrieben und live untertitelt.

Eine Übersicht mit allen neuen Angeboten finden Sie hier: www.mdr.de/barrierefreiheit

 

Wie viel Prozent der MDR-Sendungen ist zurzeit untertitelt? Ab wann können wir mit 100%-iger Untertitelung rechnen?

Momentan untertiteln wir rund 85 Prozent unseres Fernsehprogramms. Jedes Jahr planen wir weitere Sendungen mit diesem Service, z.B. im nächsten Jahr am Samstagnachmittag „Bei uns entdeckt“.

 

Ab sofort ist es möglich auch die Geschwindigkeit des Untertitels individuell einzustellen….

… weil manche Menschen einfach mehr Zeit haben möchten, um die Untertitel zu lesen und die Beiträge anzuschauen. Bei der herkömmlichen TV-Ausstrahlung ist das technisch nicht möglich. Deshalb kann man jetzt in der MDR-Mediathek bei jedem Audio und Video individuell die Ablaufgeschwindigkeit regulieren. Damit können Beiträge langsamer oder schneller abgespielt werden. Sind die Untertitel eingeschaltet, bleiben z.B. auch diese länger stehen. Damit hat der Nutzer, wenn er das möchte, mehr Zeit zum Lesen der Untertitel.

 

Nach welchen Kriterien wird entschieden, ob eine Sendung untertitelt oder mit Gebärdensprachdolmetscher-Einblendung ausgestrahlt wird?

Es sind ja schon etwa 85 Prozent der MDR-Sendungen untertitelt. Da ist der MDR relativ weit. Grundsätzlich haben Informationssendungen – ob Nachrichten oder andere aktuelle Formate – natürlich immer Priorität, vor allem wenn sie z.B. abends ausgestrahlt werden. Das war schon bei der Untertitelung so und ist jetzt auch bei den neuen Angeboten mit Gebärdensprachdolmetscher so.

 

Die Moderatoren (Robert Burdy, Wiebke Binder, Jens Hänisch) von 'MDR aktuell' haben letztes Jahr sogar live in der Sendung gebärdet. Dies wurde in den Social Medien sehr positiv aufgenommen. Können unsere gehörlosen Leser mit weiteren solchen Überraschungen rechnen?

Dann wären es ja keine Überraschungen mehr, oder? Im Ernst, wir haben gerade mehrere neue barrierefreie Angebote auf den Weg gebracht. Derzeit müssen wir sehen, wie sie sich entwickeln. Manche Neuerungen, z.B. in der Audiodeskription für Menschen mit Seheinschränkungen, kommen auch erst noch in der zweiten Jahreshälfte.

 

Eine Spezialität Ihres Senders ist die Gebärde des Tages, die seit 2015 gezeigt wird….

Wie ist der Sender auf die Idee gekommen?

Es ist eine, wie ich finde, ganz pragmatische Idee, Hörenden die Gebärdensprache anhand von alltäglichen Themen zu vermitteln. Auch und gerade für Menschen, die damit sonst nichts zu tun haben. Die Gebärde ist so nicht mehr ein unverständliche Abfolge von Armbewegungen, sondern bekommt eine präzise Aussage. Das verbessert das Verständnis und schlägt eine Brücke zwischen gehörlosen und hörenden Menschen. Ich finde es ein tolle Idee.

 

Wie wird entschieden, welche Gebärde gezeigt wird? Wo kann und wie lange kann man die Gebärde des Tage nachschauen?

Die Gebärde des Tages hat immer etwas mit aktuellen Themen zu tun. Die Entscheidung fällt täglich die Redaktion von „MDR um 11“ gemeinsam mit der jeweiligen Gebärdensprachdolmetscherin. Da spielt ja auch eine Rolle, wie „verständlich“ die Gebärde, auch für hörende Menschen ist.

Alle Gebärden des Tages werden gesammelt und können über www.mdr.de/gebaerdensprache   aufgerufen werden.

 

Haben Sie schon mal überlegt, einen Gebärdenkurs für die Zuschauer anzubieten?

Die Sammlung könnte eine Art Grundstock dafür sein, ja. Vermutlich müssten wir es aber noch etwas niederschwelliger anlegen, damit Zuschauer, die die Gebärdensprache noch nicht kennen, langsam herangeführt werden.

 

Gibt es schon Zuschauerreaktionen auf die neuen Angebote?

Oh ja. Insgesamt ist das Echo auf alle Angebote positiv. Gerade bei „MDR aktuell“ mit Gebärdensprachdolmetscher gibt es viel Zustimmung. Neben der „Tagesschau“ und dem „Heute-Journal“ sind wir bundesweit die dritte Nachrichtensendung. Erst muss man sagen. Viele Zuschauer in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben großes Interesse am mitteldeutschen Blickwinkel bei den Nachrichten und überhaupt an den Informationen aus Mitteldeutschland. Unabhängig davon können manche leider nicht verstehen, dass der MDR die Nachrichten mit Gebärdensprachdolmetscher nicht wie Phönix im „klassischen“ Fernsehen zeigt. Für die ARD und das ZDF ist das eine schöne Möglichkeit, diese Version parallel über einen zweiten Sender, eben Phoenix, auszustrahlen. Aber der MDR hat keinen zweiten Fernsehkanal. Da ist das Smart-TV oder auch der Livestream im Netz eine gute Alternative.

 

Was planen Sie noch für hörbehinderte Zuschauer?

Lassen Sie uns noch ein bisschen mehr Routine bei unseren neuen Angeboten sammeln. Dann möchten wir mit den Zielgruppen eine erste Bilanz ziehen. Wir werden dann zum Beispiel auch die Menschen mit Hörbehinderung fragen, ob die Gebärdung, ihre Präsentation und Gestaltung, ihren Bedürfnissen entspricht und was wir eventuell ergänzen müssen. Danach können wir sehr gerne über neue Ideen reden, an denen es nicht mangelt.

 

Vielen Dank für das Interview!

Text: Judit Nothdurft

 

Foto: MDR/Robert Hensel

 

 

 
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