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Experten-Interview September 2017



Barrierefreiheit in der Stern Apotheke: Apothekenberatung in Gebärdensprache

 

Die Stern-Apotheke in Darmstadt bietet in regelmäßigen Abständen (mindenstens einmal im Monat) Beratungsgespräche speziell für Gehörlose. Was dieses Angebot beinhaltet, erzählt uns der Apothekeninhaber Dr. Christian Ude.

 

Dr. Ude, seit wann bieten Sie diese Beratungsgespräche an und wie sind Sie auf die Idee gekommen?

Dr. Ude: Wir, meine Frau Dr. Miriam Ude, und ich engagieren uns seit einigen Jahren für verschiedene Projekte zur Inklusion und Barrierefreiheit hier bei uns in Darmstadt. Zum Beispiel waren wir bei dem Projekt Inklusives Martinsviertel engagiert. Aktuell beteiligen wir uns an dem Projekt Barrierefreie Gesundheitsversorgung der Wissenschaftsstadt Darmstadt.

 

Uns ist es wichtig, dass jeder die Möglichkeit erhält, unseren Service in Anspruch nehmen zu können. Niemand soll und darf hier ausgeschlossen werden, egal aus welchem Grund. Wir verstehen Apotheke vor allem auch als Dienstleistungsunternehmen. Eine moderne Apotheke zeichnet sich nicht durch Angebote und Flyer aus, sondern bietet gezielt Angebote zur Vermeidung von „Arzneimittel-bezogenen Problemen“.

 

Wer weiß schon, ob man eine Tablette teilen darf? Ob das Arzneimittel vor oder während des Essens eingenommen werden muss? Es gibt Arzneimittel, die bei falscher Einnahme einen totalen Wirkverlust zur Folge haben. Ein Beratungsgespräch ist bei uns selbstverständlich. Diese Informationen soll natürlich jeder erhalten.

 

Im Rahmen des Darmstädter Projektes zur barrierefreien Gesundheitsberatung kam immer wieder die (berechtigte) Kritik von Gehörlosen, dass sie keinen Zugang zum Gesundheitssystem haben. Das haben wir wahrgenommen und das wollen wir ändern! Wir haben im Frühjahr 2017 die ersten vier Sprechstunden im Rahmen eines Pilot-Versuches durchgeführt und wollen nun das Projekt richtig starten.

 

Welche Themen werden angesprochen?

Die Gespräche werden aktuell von zwei Gebärdensprachdolmetscherinnen gedolmetscht. Das Beratungsgespräch führt das Apotheken-Personal genau wie bei jedem anderen Kunden auch. Natürlich sind auch Einzelgespräche in diskreter Umgebung möglich – auch wie bei jedem anderen Apothekenkunden auch!

 

Muss man sich vorher zu den Terminen mit Gebärdensprachdolmetschern anmelden oder kann man einfach vorbeikommen?

Das gute einer Apotheke ist, dass man normalerweise keinen Termin benötigt. Jeder kann vorbeikommen und hat somit direkten und leichten Zugang zum Gesundheitssystem.

 

Wie viele Dolmetscher sind bei den Beratungsterminen dabei und wer übernimmt die Kosten?

Bei jeder Sprechstunde ist eine Gebärdensprachdolmetscherin anwesend. Die Kosten übernimmt die Apotheke. Hier beginnt das Projekt spannend zu werden und bringt für beide Seiten Chancen, aber natürlich auch Pflichten. Wir verstehen uns als Heilberufler, aber wir als Apotheke sind natürlich auch ein Wirtschaftsunternehmen. Ein Geschäft kann sich jedes Angebot leisten, wenn es angenommen wird. So ist es hier auch.

 

Die Gehörlosen haben zu Recht kritisiert, dass Sie keinen Zugang zur qualifizierten und hochwertigen Beratung in der Apotheke haben. Nun bieten wir diese an. Jetzt muss das Angebot aber auch angenommen werden und durch entsprechende Kaufentscheidungen der Gehörlosen getragen werden.

 

Können Sie oder Ihre Mitarbeiter gebärden?

Nein, aber was nicht ist, kann ja noch werden! Ich habe durchaus schon darüber nachgedacht, wenigstens Grundzüge zu erlernen. Mal sehen, was die Zeit bringt. Das Ganze ist ja schließlich hochinteressant.

 

Was sind ihre häufigsten Fragen von Gehörlosen?

Fragen gibt es viele! Aber es sind die gleichen Fragen, wie bei hörenden Menschen. Gehörlose haben durch ihre Gehörlosigkeit ja keine anderen Arzneimittel-bezogenen Probleme, sondern sie müssen die Informationen nur in „ihrer Sprache“ vermittelt bekommen.

 

Was empfehlen Sie als Apotheker, worauf sollte man bei Arzneimitteleinahmen auf jeden Fall achten?

Wichtig ist in der Selbstmedikation – also einer Therapie ohne Arzt (z.B. Schnupfen, Husten, Kopfschmerzen), den Apotheker um das richtige Arzneimittel zu fragen. Auch rezeptfreie Arzneimittel haben Risiken und Nebenwirkungen. Eine gute Apotheke empfiehlt das richtige Arzneimittel in guter Qualität. Sie rät Ihnen aber auch mal von der Arzneimitteleinnahme ab, oder schickt Sie zum Arzt!

 

Wenn Sie vom Arzt Arzneimittel verschrieben bekommen, sollten Sie die Einnahme vor allem regelmäßig und gemäß den Einnahmevorgaben vornehmen. Seit knapp einem Jahr gibt es verbindlich einen Bundeseinheitlichen Medikationsplan. Jeder Patient in Deutschland, der mehr als drei Arzneimittel regelmäßig einnimmt, hat Anrecht auf einen Medikationsplan in einheitlichem Format. Dieses Format beinhaltet zum Beispiel die wichtige Information, wie ein Arzneimittel eingenommen werden soll. Hier sind häufig Lücken zu finden, die durch uns geschlossen bzw. ausgefüllt und geklärt werden. Somit gibt es auch dazu in der Apotheke viel zu erklären und zu besprechen. Dabei helfen uns die Dolmetscherinnen, so dass auch Gehörlose bei uns diese wichtigen, manchmal lebensnotwendigen Informationen erhalten.

 

Welche Bedeutung hat die richtige Einnahme bei Antibiotika?

Kurz und bündig: Ausreichend lange einnehmen und die richtigen Einnahmebedingungen beachten: also entweder vor oder zum Essen einnehmen! Fragen Sie Ihren Apotheker dazu!

 

Die Hausapotheke war bereits auch ein Thema bei den Beratungsgesprächen. Was sollte eine gut sortierte Hausapotheke beinhalten?

Eine Hausapotheke sollte mindestens etwas gegen Schmerzen und Verbandsmaterial enthalten. Darüber hinaus empfehlen sich Mittel gegen Magen-Darm-Probleme und Durchfall. Nun steht der Herbst und Winter vor der Tür: Etwas gegen Husten, Schnupfen, Heiserkeit kann dann auch nicht schaden. Ganz wichtig ist es, dass die Hausapotheke auf die Personen im Haushalt angepasst ist, z.B. Kinder oder chronisch kranke Personen. Auch hierbei helfen wir Ihnen gerne.

 

Die nächsten Termine für den Herbst stehen schon fest. Was sind diesmal die Themen?

Ja, wir freuen uns zum Beispiel am 15.9. ab 17 Uhr oder am 6.10 ab 17 Uhr auf Sie! Gerne stehen wir für alle Fragen und Probleme der Patienten zur Verfügung, so dass es keine festen Themen gibt, sondern sich absolut am Bedarf spontan orientiert, worüber gesprochen wird.

 

Oft ergibt sich auch Erklärungsbedarf erst beim Einlösen eines Rezeptes oder beim Kauf eines Arzneimittels, nach dem Motto: „Wissen Sie eigentlich, was Sie verpassen, wenn Sie Ihre Apotheke nicht ausführlich berät?“

Alle weiteren Informationen erhalten Sie auf unserer Homepage – www.stern-apotheke-darmstadt.de oder auf Facebook bei „Udes Stern Apotheke“.

 

Vielen Dank für das Interview!

 

Text: Judit Nothdurft

Foto: Dr. Christian Ude

 

Termine für 2017:

Fr. 15.09.2017, 17:00-18:00

Fr. 06.10.2017, 17:00-18:00

Do. 26.10.2017, 09:00-10:00

Do. 02.11.2017, 10:00-11:00

Fr. 24.11.2017, 17:00-18:00

Mo. 11.12.2017, 10:00-11:00

 

 
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