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Experten-Interview Februar 2011



„BIENE AWARD“ für die Community-Seite zignoO!

 

Jedes Jahr werden die besten barrierefreien Websites mit dem BIENE-Award ausgezeichnet. Im Dezember 2010 wurde der Sonderpreis der Hamburger Firma zignoO GmbH überreicht. Für den Geschäftsführer Herrn Ralph Raule war das das schönste Weihnachtsgeschenk.

 

Judit Nothdurft: Herzlichen Glückwunsch! Waren Sie überrascht, dass Sie eine „BIENE“ gewonnen haben? Was war die Begründung der Jury?

Ralph Raule: In gewisser Weise war die Auszeichnung schon eine Überraschung und eine besondere Ehre, mit der ich nicht wirklich gerechnet habe. Auch wenn ich mich mit zignoO persönlich bei BIENE beworben habe, war ich mir nicht sicher, ob es für eine Auszeichnung reicht. Denn BIENE hat ja das Ziel und die Aufgabe, die Barrierefreiheit im Internet für alle zu fördern und nicht nur für einzelne Gruppierungen, wie bspw. es die Gehörlosen darstellen. Hinzu kommt auch, dass man sich schon seit Jahren mit der Gebärdensprache schwer tut, weil das Thema recht komplex ist und bei vielen das Verständnis für gehörlosen Menschen mit ihrer Gebärdensprache fehlt. Die Einsicht, dass Gebärdensprache eine eigenständige und vollwertige Sprache ist und dass gehörlose Menschen einen rechtlichen Anspruch haben, setzt sich nur langsam durch. Viele Menschen sehen den Schlüssel nur in der Beherrschung der Schriftsprache. Diese ist aber eine andere Sprache für Gehörlose. Da die Gebärdensprache selbst wiederum keine eigene Schriftsprache kennt und wir nun aber mit den heutigen (Video-)Technologien Gebärdensprache visuell darstellen können, eröffnen sich viele neue Möglichkeiten, die man bislang so nicht kannte. An diesem Punkt setzt zignoO an. Das hat auch die Jury so erkannt und deshalb diesen neuen Ansatz mit dem Sonderpreis honoriert.   

 

Wie haben Sie die Preisverleihung in Berlin erlebt? Haben die Veranstalter für Sie auch Dolmetscher organisiert?

Die Veranstaltung gibt es seit 2003 und ich bin jedes Jahr dort. Es ist ein besonderer Höhepunkt zum Jahresausklang. Man lernt neue Projekte, Ideen und Leute kennen und es ist eine gute Plattform zum Austausch. Und leckeres Essen gibt es auch immer!

 

Da das Thema Barrierefreiheit omnipräsent (omnipräsent= immer und jederzeit anwesend) ist, sind natürlich auch immer Gebärdensprach-Dolmetscher vorhanden, so dass wir Gehörlose eigentlich gut informiert sind.

 

Mit dieser BIENE wurden Sie für die Community-Seite www.zignoO.de zum ersten Mal DIREKT ausgezeichnet. Aber Sie durften auch schon in vergangenen Jahren bei den Auszeichnungen auf der Bühne stehen…..

Das ist richtig. Mit zignoO habe ich das erste Mal persönlich einen BIENE-Award gewonnen. Mit Gebärdenwerk war ich indes schon öfters vorne auf der Bühne, weil viele unserer Auftraggeber einen BIENE-Award gewonnen habe. Aber einen eigenen Pokal selbst haben wir so noch nicht in die Vitrine stellen können.

 

Was bedeutet eigentlich zignoO?

Man kann das ja auf unseren Webseiten in den FAQ genau nachlesen und in Gebärdensprache anschauen. Dort heißt es: „Es ist ein Kunstwort und steht für das englische „sign now“ (=„gebärde jetzt“). Das „s“ wurde zum „z“ (statt „sign“ nun „zign“) und aus dem „now“ wurde „noo“. Zusammengesetzt ergibt sich daraus zignoO. Es ist auch in Anlehnung an die vielen „oo“-Worte im Internet entstanden (yahoo, google, dooyoo, ...). Diese und auch sonst alle anderen Informationen sind natürlich auch in Deutscher Gebärdensprache anzusehen. 

 

Wie entstand zignoO?

Die Grundidee war und ist noch immer :“Wie kann man Web 2.0 mit seinem Mitmach-Charakter so gestalten, dass auch Gehörlose mit ihrer Gebärdensprache davon profitieren“. Das ist natürlich ein sehr weites Thema und wir haben mit dem derzeitigen Stand bei zignoO einen ersten Schritt vollzogen. Es gibt noch sehr viele Ideen, die wir für zignoO haben. Es wird also noch spannend bleiben!

 

Ihre Firma Gebärdenwerk ist in erster Linie durch die verschiedenen Filme in DGS bekannt. zignoO ist aber ein neues Gebiet. Hier musste eine Webseite mit allem Komfort  programmiert werden. Haben Sie es auch selbst gemacht?

Nein, das können wir bislang nicht selbst machen. Gebärdenwerk hat sich spezialisiert auf die Produktion von Multimedia-Produkten und – Dienstleistungen, aber wir  haben keine eigenen Programmierer in unserem Team. Deshalb haben wir lange nach geeigneten Programmierern gesucht und in MutantBrains ein Unternehmen gefunden, welches die Bedürfnisse gehörloser Menschen wirklich gut verstehen und auch unsere Anforderungen erfüllen können. 

 

zignoO ist wirklich barrierefrei für Gehörlose, jeder Schritt sogar die AGB-s sind in DGS. Wie ist die Reaktion der Zielgruppe?

Bis jetzt überwiegend sehr positiv. Viele Nutzer sind von den vielen verschieden Funktionen überrascht und auch sehr angetan, dass alle Informationen in Gebärdensprache vorzufinden sind. So kennt man ein Angebot noch gar nicht. Ich glaube mit Stolz sagen zu können, dass eine vollständige AGB und Datenschutz-Erklärung bislang von niemanden weltweit in dieser Form in Gebärdensprache dargestellt worden ist. Wir betreten mit zignoO in vielerlei Hinsicht Neuland.

 

Wie sieht es mit der Mitgliedschaft aus, kann jeder ohne Altersbeschränkung zignoO-Mitglied werden?

In unseren Datenschutzbestimmungen haben wir eine Altersbegrenzung aufgeführt. Dort heißt es unter Punkt 1.6: „Eine Mitgliedschaft bei zignoO ist ab dem siebten Lebensjahr möglich.“ Zum Einen ist das eine gesetzlich übliche Grenze, zum Anderen denken wir auch, dass Kinder vor dem siebten Lebensjahr auch keinen wirklichen Zugang zu Computern haben und so zignoO nutzen können.

 

Wie viele Nutzer hat zignoO zur Zeit? Welche Altersklasse ist am besten vertreten? Offiziell haben wir zignoO am 25.September 2010 in Bremen beim 10-jährigen Jubiläum von Deaf Cafe vorgestellt. Von da an sind die Benutzerzahlen stetig gestiegen. Mit Stand Mitte Januar sind wir bei 930 Nutzern. Das ist für mehr als drei Monate eine erstaunlich gute  Entwicklung, mit der wir so nicht gerechnet haben. Es  zeigt uns aber auch, dass zignoO bei den gehörlosen Nutzern gern angenommen wird. Eine genaue Angabe über die Strukturen können wir nicht nennen, weil viele Nutzer bspw. ihr Alter oder ihre Herkunft nicht angeben. Dennoch sehen wir, dass sich bereits Nutzer aus Spanien, Frankreich, Schweiz, Polen, Österreich, Schweden und sogar Japan registriert haben. Das spricht für unsere These, dass ein weltumspannendes Netzwerk in Gebärdensprache entstehen kann. 

 

Die Basis-Mitgliedschaft ist kostenlos, erst bei der Premium-Mitgliedschaft muss man zahlen? Würden Sie kurz erklären, was man hierfür als Mehrwert bekommt?

Grundsätzlich können von allen Nutzern alle Funktionen genutzt werden, so dass man alles ausprobieren kann. Den Basis-Mitgliedern stehen 10 Minuten für die Video-Kommunikation zur Verfügung, während Premium-Mitglieder unbegrenzt kommunizieren können. Zudem können Premium-Mitglieder ihre Videos auch downloaden. Im Bereich der Suche stehen den Premium-Mitgliedern alle Such-Funktionen offen, so können sie z.B. andere Gehörlose mit gleichen Interessen oder Berufen schnellfinden.. Basis-Mitglieder können dagegen nicht alle Such-Funktionen nutzen. Für die Zukunft planen wir weitere Funktionen, so dass die Mehrwerte noch stärker heraus gestellt werden und es sich noch mehr lohnt, Premium-Mitglied zu werden. Denn dies ist im Moment unsere einzige Einnahme-Quelle, die uns zur Verfügung steht.

 

Momentan ist die Seite in erster Linie für deutschsprachige Nutzer gestaltet. Können Sie sich vorstellen, diese Seite auch in anderen Sprachen anzubieten?

Daran arbeiten wir gerade! Wir sind dabei, die deutschen Texte ins Englische zu übertragen. Anschließend werden wir auch die Gebärdensprach-Filme entsprechend internationalisieren. Ich hoffe, dass wir es bis zum Sommer umsetzen können.

 

Ich wünsche Ihnen viele zignoO-Fans und weiterhin Erfolge mit innovativen Ideen!

 

Text: Judit Nothdurft

Foto: Ralph Raule

 
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