preload preload preload
Seit 2010 für
Inklusion und Barrierefreiheit
logobanner
JNC Deafservice
Bayern barriererfrei

  Experteninterviews
 2024
 2023
 2022
 2021
 2020
 2019
 2018
 2017
 2016
 2015
 2014
 2013
 2012
 2011
 2010

 

 

Experten-Interview Februar 2020



„We have a dream“, der Wiener Diversity Ball bunt und barrierefrei

 

Dieses Jahr findet am 9. Mai der Diversity Ball zum 13. Mal statt. Die bunteste und barrierefreieste Ballnacht ist jedes Jahr ein Highlight in Wien und zugleich ein Fest der gegenseitigen Anerkennung. Als Gäste und Akteure sind auch viele Schwerhörige und Gehörlose dabei.

Mehr über das Geschehen erzählt uns Monika Haider, Ballmutter und Geschäftsführerin von „equalizent“.

 

Frau Haider, der Diversity Ball hat jedes Jahr ein neues Motto, was ist es diesmal?

Das Jahresthema entsteht immer im Team. Es ist wunderbar, wie aus einer Gruppe von Menschen, die sich zusammensetzen und ihrer Kreativität freien Lauf lassen, neue Ideen, wie die des Ballmottos, entstehen.

Ich finde, dieses Jahr haben wir ein besonders schönes Motto: „We have a dream“, denn wir haben einen Traum von einer Welt, die frei ist von Barrieren, in der es keine „Rand“gruppen mehr gibt, weil sie mitten in der Gesellschaft sind. Wir träumen davon, dass Vielfalt endlich mit Neugier statt mit Skepsis begegnet wird. Und dass alle Menschen, unabhängig davon, ob sie eine Behinderung haben, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung und ihrem Geschlecht, ihren ganz persönlichen Lebenstraum leben können, und nicht an strukturellen Barrieren und Diskriminierung scheitern.

 

So ein Ball ist eine organisatorische Herausforderung. Wie weit voraus beginnen Sie mit der Planung?

Der Ball wächst ja immer mehr und das ist herausfordernd, aber wir werden auch immer erfahrener und professioneller. Im Wesentlichen arbeiten drei Personen im Ballteam, wobei wir uns auch immer wieder punktuell Unterstützung außerhalb des Teams suchen. Die Planung beginnt etwa 9 Monate vor dem eigentlichen Ballabend.

 

Wie ist die Idee für den ersten Ball entstanden?

Jeder Ball in Wien bedient eine gewisse gesellschaftliche Gruppe. Der Regenbogenball richtet sich an die LGBTIQ-Community (=Lesbisch, Schwul, Bi, Trans, Inter, Queer), der Kaffeesiederball an die Kaffeehausbesitzer, beim Polizeiball ist das Zielpublikum wieder ein anders.

 

Mit dem Diversity Ball wollen wir aus diesen Schubladen raus. Wir wollen zeigen, wie schön es ist, dass unsere Gesellschaft so bunt und vielfältig ist. Hier haben jene eine Bühne und einen Platz zum Feiern, die normalerweise gern vergessen werden, z.B. Menschen mit Behinderungen, Migranten, Lesben und Schwule. Das Wunderbare an diesem Ball ist, dass alle GEMEINSAM feiern und dass es hier zu einer Vermischung kommt, die im Alltag oft nicht passiert. Das ist unglaublich stärkend und bereichernd.

 

Wer sind die Gäste heutzutage und wie gut hat sich der Ball in der österreichischen Gesellschaft etabliert?

Zu uns kommen so unterschiedliche Menschen! Das ist einfach fantastisch! Menschen mit verschiedenen Formen von Behinderung, Menschen, die sich als schwul, lesbisch, intersexuell, queer oder was auch immer bezeichnen, feiern am Diversity Ball. Migranten aus den unterschiedlichsten Ländern zählen zu unseren Besuchern. Schräge Vögel, unangepasste Querdenker, offenherzige Menschen mit Gerechtigkeitssinn und dem Wunsch, Brücken zu schlagen und Grenzen zu durchbrechen.

 

Auch unser Programm spiegelt diese Buntheit wider. Da gibt es Gebärdensprachpoesie, Tanzgruppen mit Menschen mit Downsyndrom, eine Drag Queen als DJane, eine Modeschau mit Menschen mit Behinderung, um nur ein paar Beispiele aus den letzten Jahren zu nennen.

Wir haben auch immer wieder bekannte Persönlichkeiten dabei. Das sind zum einen Politiker, die mit ihrem Ballbesuch ein sichtbares Zeichen der Unterstützung setzen und zeigen, dass auch sie für mehr Diversität in der Gesellschaft eintreten. Aber auch Vertreter aus dem Kunst- und Kulturbereich, wie z.B. Conchita Wurst, fühlen sich auf dem Diversity Ball wohl.

 

Was waren Ihre schönsten Ballmomente in den letzten 13 Jahren?

Da gab es einige, die mich sehr berührt haben! Ich erinnere mich, wie ein junger Mann mit Down Syndrom auf der Bühne seiner Freundin einen Heiratsantrag gemacht hat. Bei ihrem glücklichen JA gab es einen tosenden Applaus.

Wenn hundert Rollstuhfahrende unseren Ball besuchen können und in eleganter Robe mit uns feiern, wo doch normalerweise immer nur sieben Personen mit Rollstuhl bei einer Veranstaltung zugelassen sind. Das ist schon ein ganz besonderes Gefühl, dass das möglich ist!

 

Ein weiterer Höhepunkt war sicherlich, als das 3D-Modell des Kursalons, wo der Ball stattfindet, fertiggestellt wurde und wir den ersten blinden Besuchern eine Orientierung in den Räumlichkeiten bieten konnten.

Die Videogrußbotschaft unseres Bundespräsidenten, Alexander van der Bellen, im vergangenen Jahr hat mir gezeigt, dass dieser Ball zu einem wichtigen Event geworden ist. Die Botschaft war auch sehr menschlich und berührend. Da waren wir schon stolz.

Jedes Jahr gebärdet um Mitternacht der volle Ballsaal gemeinsam das Lied „Hands up, Baby, Hands up“. Das ist schon eine Tradition geworden und da bekomme ich immer eine wohlige Gänsehaut, wenn ich das sehe.

 

Gab es auch schon mal kritische Situationen?

Nein, eigentlich nicht.

 

Der Diversity Ball soll nicht nur ein Tanzvergnügen sein?

Natürlich soll er auch eine Botschaft vermitteln. Wir wollen alle Menschen, die im Alltag oft mit Diskriminierungen oder Barrieren zu kämpfen haben, sichtbar machen. Bei uns dürfen sie so sein, wie sie sind, ohne dass sich irgendjemand daran stört. Sie können selbstbewusst auftreten, stolz sein und einfach in einer Atmosphäre des Respekts, tanzen und sich amüsieren.

 

Seit Jahren dient als Lokation der Wiener Kursalon. Hier wird auf mehreren Ebenen barrierefrei gefeiert …….

Der Kursalon bietet ein wunderschönes, elegantes Ambiente im Herzen von Wien. Zwei Säle werden laufend bespielt und laden zum Tanzen ein.

Für Menschen mit Hörbehinderung gibt es eine Induktionsschleife sowie Dolmetscher für Österreichische Gebärdensprache (ÖGS). Communication Angels, die die Lautsprache und ÖGS beherrschen, ermöglichen die Kommunikation zwischen hörenden und gehörlosen Ballbesuchern. An der UnStillBar kann in ÖGS bestellt werden: Auf den Getränkekarten sind alle Gebärden dafür abgebildet.

Die Karten sind auch mit Brailleschrift versehen, sodass blinde Besucher sie lesen können. Für sie gibt es auch ein 3D_Modell der Räumlichkeiten, das sie ertasten können, um sich gut orientieren zu können. Blinde Besucher können sich zudem von der nahe gelegenen U-Bahnstation abholen lassen.

Menschen, die sich den Eintritt nicht leisten können, wie zum Beispiel Asylwerber, können vom Patenschaftspaket Gebrauch machen: Besucher mit mehr finanziellen Möglichkeiten zahlen ihnen die Eintrittskarten.

 

Was kosten die Karten?

Die regulären Tickets kosten 65 Euro. Es gibt aber auch ermäßigte Karten. Die Patenschaftspakete, wo Menschen, die es sich leisten können, anderen den Eintritt finanzieren, sind natürlich auch wichtig.

Der Eintritt ist für einen Wiener Ball recht günstig und es wird viel dafür geboten! In zwei Sälen wird rund um die Uhr Musik zum Tanzen gespielt, DJs und DJanes legen auf, wir haben Livebands, eine bunte Eröffnungsshow und natürlich eine Ballband, die Musik für die klassischen Tänze liefert.

 

Um eine Veranstaltung in solcher Dimension anzubieten, braucht man auch Sponsoren

Wir sind sehr dankbar für die Unterstützung durch zahlreiche Sponsoren, ohne die es den Diversity Ball in dieser großen Form nicht geben könnte.

Unser Hauptsponsor ist Magenta Telekom. Sie unterstützen den Ball schon seit vielen Jahren. Auch Humana und der Sozialministeriumservice sind seit vielen Jahren treue Partner. Darüber hinaus konnten wir den SPÖ Rathausklub, The Fabulous Vinery J. Hornig, die Arbeiterkammer Wien, Novartis, ÖBB, Arbeitsmarktservice Younion, Coca Cola und die Wiener Wirtschaftskammer gewinnen, den Ball mit Sponsoring zu unterstützen.

 

Welche Künstler sorgen dieses Jahr für gute Laune?

Es wird eine fulminante Eröffnungsshow geben, bei der unser eigens für das Fest verfasstes „Manifest ALLER Geschlechter“ im Mittelpunkt steht. Da geht es um unsere Visionen von einer zukünftigen, diversen, gerechten, nachhaltigen Welt, die musikalisch eingebettet werden.

Die Räumlichkeiten des Kursalons werden dieses Jahr nach den vier Elementen gestaltet. Das heißt, dass das Aussehen und auch die Musik in den Räumen an das jeweilige Element angepasst werden. Nach unserer Mitternachtseinlage „Hands Up“ gibt es wieder einen Liveact. Wer das dieses Jahr sein wird, verraten wir aber noch nicht. Aber wir können allen Besuchern versprechen, dass es eine wirklich cooler, mitreißender Act werden wird!

 

Was ist der Dresscode 2020?

Es gibt keinen Dresscode im engeren Sinn. Sicher, es ist ein Ball und ein feierlicher Rahmen. Aber im Grunde sind alle frei, das zu tragen, was ihnen gefällt. Unsere Besucher sind da immer sehr kreativ und wir haben sehr vielfältige, bunte Outfits. Sogar ein Feigenblatt hatten wir schon am Ball (lacht). Schön ist es natürlich, wenn die Ballbesucher sich etwas zum Thema „We have a dream“ einfallen lassen, oder sich thematisch passend zu den vier Elementen kleiden. Auch ich werde dieses Jahr wieder ein eigens für den 13. Diversity Ball von Humana gestaltetes Kleid tragen. Darauf bin ich selbst schon sehr gespannt, weil sich Humana da immer was ganz besonderes einfallen lässt.

 

Vielen Dank für das Interview und wünsche Ihnen eine rauschende Ballnacht!

 

Text: Judit Nothdurft

Foto: Christine Miess

 

 

 
Anzeige
Humantechnik

Anzeige
Telesign

Anzeige
Tess Relay Dienste

Anzeige
Judit Nothdurft Consulting


 
Impressum etc.