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Experten-Interview August 2020



Wille Felix Zante - der neue Pressereferent des Deutschen Gehörlosen-Bundes

 

Wille Felix Zante ist seit dem 1. Juli 2020 für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Gehörlosen-Bundes (DGB) zuständig. Aus diesem Anlass habe ich ihn über seine Arbeit und Pläne interviewt.

 

Herr Zante, wie gefällt Ihnen der neue Job? Haben Sie sich schon einarbeiten können?

Wille Felix Zante: Die Einarbeitung hat sehr schnell funktioniert, weil ich vorher als Journalist auch die Aktivitäten des DGB sowieso im Auge behalten habe und dementsprechend vernetzt gewesen bin. Das tägliche Handwerk – E-Mails beantworten, Social Media pflegen, Einträge auf Websites setzen und Texte verfassen – ist für mich Standard-Vorgehen. Nur dass ich es eben jetzt in einem fixen zeitlichen Rahmen durchführe, das ist eine gewisse Umstellung von meiner freiberuflichen Arbeit.

Es macht mir Spaß, auch weil die Anstellung mir einfach Sicherheit gibt. Als Selbstständiger hat man mehr Freiheiten, aber gleichzeitig auch immer mit viel Ungewissheit zu kämpfen. Insofern ist es eine willkommene Abwechslung!

 

Was genau sind Ihre Aufgaben als Pressereferent?

Bisher arbeite ich noch viel vor Ort im Büro, aber grundsätzlich kann ich auch von zuhause aus arbeiten, da die meiste Arbeit online stattfindet.

Ich arbeite 30 Stunden die Woche, das kann man gut auf vier oder fünf Tage verteilen. Erreichbar bin ich aktuell nur über E-Mail (w.zante@gehoerlosen-bund.de) und einmal die Woche donnerstags von 10 bis 11 Uhr in der Skype-Sprechstunde (info@gehoerlosen-bund.de).

Am Mittwoch erreicht man zur gleichen Zeit meinen Kollegen Daniel Büter unter der gleichen Adresse. Er kümmert sich um die politische Arbeit, ich um die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Vor meiner Einstellung hatte er beide Aufgaben übernommen, eine ganz schöne Leistung!

Die DGB Pressemitteilungen entstehen in Absprache mit dem Präsidium. Entweder ich schreibe sie aus Eigeninitiative oder das Präsidium schlägt welche vor. Auch mit Daniel Büter spreche ich mich ab, was wir veröffentlichen. Letztendlich gibt dann Helmut Vogel als Präsident grünes Licht zur Veröffentlichung und ich verbreite die Pressemitteilung über unsere Kanäle. Kurzfristige Absprachen treffen wir über Messenger-Dienste auf den Handys.

 

Über welche Aufgaben freuen Sie sich am meisten?

Ich bin im Alltag besonders auf die kontinuierliche (=ständige) Betreuung der Social-Media-Kanäle gespannt, weil man als Verband eine ganz andere Reichweite und Verantwortung hat im Vergleich zu privaten Accounts. Daneben freue ich mich auf die Pressearbeit rund um größere Veranstaltungen wie etwa die kommenden Kulturtage oder eben den Tag der Gebärdensprache im September. Das werden alles sicher aufregende Zeiten.

 

Die DGB ist die Interessenvertretung der Gehörlosen Community. Wie sieht es mit der internen Kommunikation mit den Mitgliedern aus?

Die Vernetzung findet auf vielen verschiedenen Ebenen statt. Da gibt es einmal die Newsletter und Pressemitteilungen, die ich auch an die Mitgliedsverbände und Fördermitglieder verschicke. Zusätzlich gibt es Arbeitstagungen und Bundesversammlungen, die regelmäßig stattfinden. Da sieht man sich dann auch abseits von Veranstaltungen mal persönlich.

Über die Social-Media-Kanäle bedienen wir unterschiedliche Zielgruppen. Viele gehörlose Menschen sind auf Facebook unterwegs, aber auf Twitter nicht so stark vertreten. Dafür erreichen wir auf Twitter mehr Journalisten und Politiker. Es gibt also grundsätzlich die gleichen Informationen, aber bisweilen mit unterschiedlichen Gewichtungen.

Instagram hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, deswegen habe ich dort einen Kanal eingerichtet, der aktuell vor allem mit kurzen Video-Zusammenfassungen der aktuellen Woche bespielt wird. Die Rückmeldungen waren sehr positiv, man merkt deutlich, dass Instagram ein wichtiges Medium geworden ist.

 

Insbesondere durch Corona wird es auch spannend werden, wie viele Veranstaltungen weiterhin vor Ort stattfinden, oder ob es vielleicht grundsätzlich eine Möglichkeit sein kann, mehr online und live zu übertragen. Die Tools sind ja teilweise schon bei den Plattformen vorgesehen. Herausfordernd wird dabei vor allem die Zugänglichkeit mittels Untertitel und Ton.

 

Die DGB möchte mit dem Projekt „Nachhaltige Vertiefung der politischen Verbandsarbeit und Öffentlichkeitsarbeit“ die Pressearbeit und die politische Arbeit verstärken? Wie sehen die konkreten Pläne aus?

Der DGB hat einen umfangreichen Plan für die kommenden drei Jahre aufgestellt, der aus mehreren Arbeitspaketen besteht. Kurzfristig steht da zum Beispiel die Aktionswoche im September an, wo wir am Tag der Gebärdensprache, dem 23.09., eine Pressekonferenz planen, um eine Sensibilisierungskampagne einzuleiten. Die anderen Arbeitspakete werden wir zu gegebener Zeit bekanntgeben. Es steht viel auf dem Plan für die kommenden drei Jahre – nicht zuletzt der kontinuierliche Aufbau und Erweiterung unseres Netzwerks und unserer Reichweite.

 

Sie waren zuletzt als Journalist tätig. Inwieweit ist diese berufliche Erfahrung für Ihre Referententätigkeit hilfreich?

Einmal davon abgesehen, dass es sowieso große Gemeinsamkeiten zwischen Journalismus und Öffentlichkeitsarbeit gibt, habe ich als Journalist die Pressearbeit aus Empfängersicht gut verinnerlicht. Ich kann mich also beim Schreiben einer Pressemitteilung gut in die Perspektive des Journalisten hineinversetzen und sie so schreiben, dass wichtige Informationen schnell ersichtlich sind, ob ich diese nun hervorhebe, an den Anfang packe oder andere Kniffe nutze. Da habe ich bei meiner Arbeit für die Deutsche Gehörlosenzeitung unter Thomas Mitterhuber sehr viel gelernt und auch verschiedene Formate ausprobieren können, von der Reportage übers Interview bis hin zu Kurzmeldungen. Für die Zeit bin ich sehr dankbar!

 

Jetzt habe ich quasi die Seiten gewechselt und bin in der Öffentlichkeitsarbeit tätig, also Public Relations, abgekürzt PR. PR hat oft ein schwieriges Image, nämlich dass man als PR-Mensch versucht, die Menschen zu beeinflussen, wie in der Werbung. Da mag ein Funken Wahrheit drin sein, aber letztendlich handelt es sich – zumindest so wie ich es machen will – um einen Service, damit Informationen verfügbar sind, aus denen Meldungen und vielleicht auch Geschichten entstehen können.

Solange es mir gelingt, die Aktivitäten des DGB nach außen zu präsentieren und damit die Presse und letztendlich deren Publikum, aber auch Entscheidungsträger zu erreichen, bin ich zufrieden.

 

Wie würden Sie sich selbst bezeichnen, sind Sie schwerhörig oder gehörlos?

Zwischenmenschlich kommuniziere ich am liebsten per Gebärdensprache, wenn das Gegenüber sich gut auf mich einstellt, auch mal in Lautsprache. Ich versuche das aber zu vermeiden, weil dadurch ein ziemliches Ungleichgewicht entsteht:

Die lautsprachliche Kommunikation, vor allem das Verstehen, ist sehr anstrengend für mich, dem hörenden Gegenüber mache ich es damit allerdings leicht. Das belastet das Verhältnis ziemlich, auf eine sehr subtile Art und Weise. Also setze ich auf Waffengleichheit: Schriftliche Kommunikation oder eben Gebärdensprache.

 

Was darf man von Ihnen noch privat wissen?

Da gibt es nicht so viel Weltbewegendes zu berichten. Ich laufe gern, ich schreibe gern, ich mag Katzen und den Kaffee schwarz.

 

Was wünschen Sie von der heutigen gehörlosen Community?

Ich wünsche mir, dass die Verbände einen selbstbewussten Zugang zur Öffentlichkeitsarbeit finden, auch um die politische Arbeit und Gleichberechtigung weiter voranzutreiben.

Und ich würde mich freuen, wenn sich mehr Gehörlose, vor allem junge Leute, politisch und journalistisch engagieren – und dass es Strukturen gibt, in denen sie das können. Journalismus muss ja nicht immer gleich heißen, dass man bei einer Zeitung unter Vertrag steht, gerade heute gibt es mit Social Media sehr vielfältige Plattformen und Möglichkeiten. Ich wünsche allen eine gute Schulbildung und Förderung im Elternhaus und die Möglichkeit, gleichzeitig in der Community ihre Vorbilder sehen zu können, an denen sie sich vielleicht orientieren.

 

Herzlichen Dank für das Interview und viel Erfolg!

 

Text: Judit Nothdurft

Foto: Pauline Carla Meyer-Beer

 
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