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Experten-Interview September 2022



Drei Gehörlose begeistern in der „Höhle der Löwen“ und finden Investor

Drei gehörlose Männer gründeten 2017 gemeinsam ein Start-up-Unternehmen. Seitdem entwickeln und produzieren sie eine Spirituose auf Gin-Basis. Vor kurzem traten sie auf VOX in „Die Höhle der Löwen“ auf. Über ihre bisherigen Erfolge habe ich einen der Mitbegründer, Damian Breu, interviewt.

 

Herr Breu Sie sind einer der Mitbegründer von GinGillard. Wie würden Sie GinGillard beschreiben und woher kommt das Rezept?

Damian Breu: Unser kleines Team ist ein Dreiergespann mit Herz - mit viel Enthusiasmus und Hingabe. Wir haben aus einem altfranzösischen Rezept eine neue Marke mit einem vielfältigen Produkt geschaffen. Mit dem Erbe des Rezeptes setzen wir die lange Tradition der Familie Gillard fort und mit unserer Hörbehinderung setzen wir auch ein Statement in die Welt, dass alles möglich ist!

 

Wie hoch ist der Alkoholgehalt und wo wird das Getränk produziert?

Unser Getränk hat 23,9% Alkoholgehalt und gehört somit zu den citrushaltigen Spirituosen. Aktuell produzieren wir bei ‚The Duke‘ in München Aschheim.

 

Wie ist Ihr Start-up-Unternehmen entstanden? Wer sind die Teamkollegen?

Zu meinen Teamkollegen gehört Fabio del Tufo (44). Er ist halb Franzose und halb Italiener, daher kommt sein besonderer Sinn für Geschmack, was das Produkt so fein schmecken lässt. Denn, wenn ein Sinn (Gehör) fehlt, werden oftmals andere Sinne stärker.

Der nächste in unserem Gespann, Dominik Nimar (32), kurz Domo, hat hier seine Spezialität im Auge. Als Grafiker verantwortet er den Content und das Design rund um die Flasche. Ich (27) bin unser Operator. Als einziger Schwerhöriger im Team kann ich noch telefonieren. und daher übernehme ich nach außen hin den Großteil der Kommunikation.

 

Unsere Laufbahn ist komplett unterschiedlich. So hat Domo eine Ausbildung zum Mediendesigner gemacht, Fabio ist Elektrofachmann bei einer großen Telekommunikationsfirma. Ich selbst habe Jura und BWL studiert und bereits mehrere Unternehmen gegründet. Vor 5 Jahren haben wir uns zusammengefunden, haben unsere Schwächen ausgeglichen und die Stärken ausgebaut. Nur das Gehör fehlt uns heute noch. Diesbezüglich finden wir die meisten Barrieren.

 

Wie lange hat es gedauert von der Idee bis zur ersten Flasche GinGillard?

Fabio hat das Rezept bereits vor langer Zeit erhalten. Auf Partys hat er es selber ausgeschenkt und alle fragten, wo man es kaufen könnte. Also das Feedback war immer top. So hat er sich auf die Suche nach Partnern gemacht. Dann kamen Domo und ich ins Spiel. Nach vielen Recherchen und Tests, haben wir nach 4-5 Monaten die erste Flasche in der Hand gehalten.

 

Über GinGillard gibt es auch sehr professionelle Werbespots. Wenn man diese sieht, möchte man am liebsten gleich ausprobieren.

Bis auf ein Cocktailvideo sind alle Grafiken und Videos von Domo. Er hat echt ein Auge für sowas und hat in den letzten Jahren alles mühsam gestaltet und produziert.

Die Videoformate helfen die Reichweite zu steigern. Heutzutage wollen Kunden keine langen Texte lesen, sondern schnell etwas sehen. Dafür sind Bilder und Videos die wichtigste Grundlage.

 

Auf der Suche nach Investoren haben Sie es mit Ihrem Getränk sogar in die Sendung „Die Höhle der Löwe“ (am 05.09.22 auf Vox ausgestrahlt) geschafft. Wie kam es zu der Bewerbung bei „Die Höhle der Löwen“?

Wir hatten uns davor bereits bei vielen potentiellen Investoren gemeldet, da wir unsere größte Schwäche ausgleichen mussten: Die Kommunikation.

Unser Onlineshop war für den Vertrieb vom Vorteil, da wir “nicht hören” mussten. Zudem ist der Spirituosenmarkt hart umkämpft und auf Dauer würde es sich neben dem Vollzeitjob einfach nicht rentieren. Dann kam ich auf die Idee, es mal bei “Die Höhle der Löwen” zu probieren. Alleine der Vorschlag klang total verrückt, fast schon lächerlich, weil wir nie soweit gedacht haben. Aber der Versuch war es wert, wir waren nach der positiven Rückmeldung völlig aus dem Häuschen...

 

Ihr habt eine tolle Präsentation geliefert und die Löwen waren begeistert. Wie habt ihr euch auf die Sendung vorbereitet?

Wir waren alle verdammt nervös! Keiner von uns wusste, was uns erwarten wird. Wir kannten die Sendung zwar schon, haben aber noch mal die Highlights der letzten Staffeln angeschaut, um ein besseres Gefühl zu bekommen. Wie haben das Auftreten der Start-ups analysiert und die ganzen Deals unter die Lupe genommen.

 

Unsere Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Es ging um alles oder nichts! Unser Ziel war, jemanden zu finden, der uns unsere Schwächen zu Stärken machen kann und den Traum mit uns gehen will.

 

Wir waren einerseits optimistisch, aber hatten auch Zweifel. Aber wir sahen auch das Licht am Ende des Tunnels. Wir dachten uns: “So eine Chance ist einmalig!” Letztendlich haben wir uns gegenseitig stark gemacht, dass wir als eines der ersten Unternehmen mit Hörschädigung dabei sein durften und womöglich Geschichte schreiben können.

 

Wie habt ihr den Auftritt vor den Löwen erlebt?

Bis zum Auftritt waren wir nervös ohne Ende. Alles konnte passieren. Wir hatten uns für jede erdenkliche Frage der Löwen vorbereitet. Aber hat das gereicht? Wir wussten es nicht! Vor dem Tor stehend setzte auf einmal eine absolute Ruhe ein.

 

Es gab kein Zurück mehr. Alles oder nichts – wir waren bereit. Und dann standen wir da. Die Löwen vor einem mit geschärften Krallen. Die Füße waren mit dem Boden verwurzelt. Und dann ging es auch schon mit dem Pitch los. An dem Lächeln der Löwen konnten wir erkennen, dass wir es nicht ganz so falsch gemacht hatten. Das hat uns ein wenig beruhigt. Aber direkt danach kam das Gebrüll der Fragen aus allen Richtungen. Wir waren uns nicht sicher. Sind wir jetzt die Jäger oder das Futter. Ein auf und ab der Gefühle.

 

Als wir mit einem Deal von Nils Glagau raus gingen, haben wir erst realisiert, dass die Beine wie Pudding waren. Die gefasste Stimmung ließ nach und ein Gefühl der Euphorie kam in uns allen auf. Es geht weiter!

 

Was ist seit dem Deal passiert?

In kürzester Zeit konnten wir mit Nils Glagau die Ausrichtung der Marke wesentlich optimieren. Aus „GinGillard“ ist nun „Le Gillard“ geworden. Es gab ganz viel Feedback. Es hat sehr geholfen, aus einer neuen Perspektive sein eigenes Produkt zu betrachten.

 

Dann ging es auch schon ans Eingemachte. Jede Grafik, jede Zeile Webseitencode, jede Bezeichnung, wurde optimiert und verbessert, damit das Produkt den richtigen Weg zum Kunden finden kann bzw. der Kunde seinen Weg zu unserem Produkt findet. Obwohl es eine Kommunikationsbarriere gab mit unserer Hörbehinderung haben sich Nils Glagau und sein Team sehr bemüht, dass diese Barrieren schnell abgebaut wurden. Wir sind, dank Nils Glagau und seinem Team, jetzt super aufgestellt und können weitermachen!

 

Wo kann man es kaufen/ bestellen?

Aktuell kann man „Le Gillard“ noch online bei uns bestellen. Aber wir arbeiten mit Nils mit Hochdruck daran, dass wir bald auch im Handel sind. Die nächsten Jahre wollen wir das ganz ausbauen.

 

Planen Sie mit Ihrem Team weitere Produkte auf den Markt zu bringen?

Vorerst möchten wir uns auf ein Produkt konzentrieren und pushen, bevor wir was Neues machen. Daher wollen wir erstmal „Le Gillard“ groß machen. Aber Ideen für neue Produkte haben wir schon viele!

 

Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg mit „Le Gillard“!

 

Text: Judit Nothdurft

Bild: Dominik Nimar

 
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