preload preload preload
Seit 2010 für
Inklusion und Barrierefreiheit
logobanner
JNC Deafservice
Bayern barriererfrei

  Experteninterviews
 2024
 2023
 2022
 2021
 2020
 2019
 2018
 2017
 2016
 2015
 2014
 2013
 2012
 2011
 2010

 

 

Experten-Interview Dezember 2023



Am liebsten backe ich Biskuitböden – die gehörlose Konditorin aus Trier

Die gehörlose Daniela Herres aus Trier zeigt regelmäßig ihre wunderschönen Torten auf Facebook und auf Instagram. Wie sie diese Kunstwerke herstellt, darüber habe ich sie interviewt.

 

Frau Herres, wie kommen Sie dazu die wunderschönen Torten zu machen? Ist es ein Hobby von Ihnen oder haben Sie Konditorin gelernt?

Daniela Herres: Meine Mutter hat sich gewünscht, dass ich an einer Fachschule weiterlerne. Mein Lehrer hat mir empfohlen, dass ich selbst überlege, welchen Beruf ich wählen möchte. Ich habe mir gewünscht, Friseur zu werden oder einen Büroberuf zu erlernen oder eine Ausbildung in einem Labor zu machen. Aber mein Lehrer hat gesagt, das geht nicht, weil ich gehörlos bin. In diesen Berufen muss man kommunizieren und telefonieren können.

 

Mein Lehrer hat in der Schule gesehen, dass ich in Handarbeit geschickt bin und so hat er meiner Mutter geraten, dass ich lieber eine Ausbildung als Konditorin machen soll. Durch seine gute Beziehung zu einem gehörlosen Konditormeister in Trier habe ich einen Ausbildungsplatz bekommen. Da ich schon als Schülerin sehr gern viele einfache Kuchen für meine Mutter gebacken habe, habe ich gern den Beruf Konditorin erlernt.

 

Als ich dann schon als gelernte Konditorin für die erste Kommunion für meinen Neffen eine sehr schöne Torte gebacken habe, waren meine Schwiegereltern und meine Schwägerin sehr begeistert.  Sie erzählten überall in unserem Dorf, wie schön sie Torte dekoriert war und, dass sie ihnen sehr gut geschmeckt hat, weil sie nicht zu süß war. Mein Schwiegervater war sehr stolz auf mich!

 

Dann war es eine Zeit lang still, aber seit Anfang der 90-er Jahre bestellen die Leute hier im Dorf immer wieder ihre Torten (Kommunion, Hochzeit usw.) bei mir. Die Aufträge wurden dann immer mehr und das Backen hat mir schon immer viel Freude und Spaß gemacht.

 

Sie dekorieren Ihre Torten wunderschön und sehr kreativ. Woher kommen die Ideen oder arbeiten Sie nach Vorlagen?

Durch meinen Beruf als Konditorin habe ich gelernt, wie man aus Marzipan Rosenblüten und Rosenblätter formt. Es gibt eine große Vielfalt an verschiedenen Figuren und Blumen. Aber Figuren mache ich nicht gern. Ich finde bei Blumen kann ich kreativer werden und mehr Ideen verwirklichen.

 

Ihre Torten sind manchmal sogar mit echten Blumen dekoriert. Wie werden diese befestigt und frisch gehalten?

Ich liebe frische Blumen, sie sind natürlicher und sehen viel schöner aus als künstliche Blumen. Um echte Blumen auf der Torte zu befestigen, wickele ich sie in eine Folie und stecke sie so in die Torte.

 

Ich würde auch gern Blumen verwenden, die essbar sind, aber diese habe bis jetzt bei uns noch nicht gefunden.

 

Man kann bei Ihnen zu verschiedenen Anlässen Torten bestellen. Was war die größte Torte, die Sie gemacht haben?

Die höchste Torte, die ich bis jetzt gemacht habe, war eine Hochzeitstorte mit 2 Etagen. So eine Torte zu machen, brauche ich 3 Tage. Am 1. Tag backe ich die Böden und lasse sie auskühlen, erst am 2. Tag schneide ich auf und bestreiche sie mit der Creme, ohne Buttercreme. Anschließend lasse ich die Torte im Kühlschrank ruhen und am 3. Tag kommt die Dekoration darauf.

 

Meine größte Torte, die gemacht habe, war ein viereckiger Blechkuchen 40x30 cm. Er war fast. 20 cm hoch und wurde für einen katholische Feier mit 50 Personen bestellt. Auch diesen Kuchen habe ich in 3 Tagen angefertigt.

 

Wer sind Ihre Kunden?

Zuerst haben Hörende aus meinem Dorf bei mir Torten und Kuchen zu verschiedenen Anlässen (wie z.B. Kommunion, Taufe, Geburtstag, Hochzeit usw.) bestellt. Irgendwann hat sich auch in der gehörlosen Community rumgesprochen, dass ich Torten auf Bestellung backe. Seitdem erhalte ich Bestellungen auch von Gehörlosen zu privaten Feiern oder zu den Veranstaltungen von Vereinen.

 

Wie lange vorher muss ich eine Bestellung bei Ihnen abgeben und wo? Was kosten die Torten ungefähr?

Größere Torten muss man min. 3 Tage vorher bestellen, kleinere 2 Tage. Natürlich zu größeren Anlässen wie z.B. Hochzeit bekomme ich eine Bestellung bereits 6 Monate vorher, oder bei Vereinsfesten sogar schon 1 Jahr vorher.

 

Die Bestellung kann man einfach per WhatsApp oder per Mail an mich schicken oder auch persönlich bei mir abgeben. Je nachdem, was der Kunde wünscht, sage ich gleich, was es kosten wird. Die Bezahlung erfolgt bar bei der Abholung. Ein wichtiger Punkt, die Kunden müssen die Torten selbst abholen.

 

Was backen Sie am liebsten?

Am liebsten backe ich Biskuitböden hell oder dunkel, Diese Böden werden so schön hoch und schmecken sehr lecker.

 

Für viele Torten wird Biskuit als Tortenboden genommen. Einen guten Biskuitboden zu backen ist gar nicht so einfach…

Biskuit zu backen, habe ich früher überhaupt nicht gemocht. Er gelang mir nicht und die Böden waren immer zu flach. Tja, Biskuitboden ist sehr empfindlich. Aber jetzt weiß ich, wie es geht und jetzt mag ich sehr gerne Biskuit backen. Aber ich brauche dazu Ruhe und keine Störung.

 

Mein Mann hat mir mal ein gutes Backbuch geschenkt. Da drin sind sehr viele gute Rezepte für verschiedene Biskuitböden. Diese Rezepte benutze ich bis heute und so gelingen mir alle Torten. Vielen Dank dafür an meinen Mann!

 

Weihnachten steht vor der Tür, was werden Sie für die Feiertage backen?

Ich backe sehr gerne Plätzchen. Bis zu 20 verschiedene Sorten backe ich jedes Jahr. Ein Teil verschenke ich davon in der Familie und an die besten Freunde.

 

Haben Sie ein gutes Plätzchenrezept für unsere Leser?

Ja, ich würde dieses Rezept empfehlen, schmeckt sehr gut.

 

Schweizer Batzen:

 

300 g Mandeln (ungeschält)

3 Eiweiß

300 g Zucker (kann auch 50 g bis 80 g weniger sein)

1TL Zimt

abgeriebene schale von 1/2 unbehandelten Zitrone

40 g Mandelblättchen zum Verzieren

 

Die Mandeln fein mahlen. Eiweiß, halb steif schlagen, dann nach und nach den Zucker einrieseln lassen und so lange schlagen bis der Schaum fest ist und der Zucker sich gelöst hat.

 

Mandeln mit Zimt und Zitronenabrieb mischen und vorsichtig unter die Schaummasse heben. Backofen auf 150 Grad (Umluft 130 Grad) vorheizen.

 

Mit 2 in Wasser getauchten Teelöffeln Makronen formen und auf ein mit Backpapier belegtes Backblech setzen. Mit Mandelblättchen bestreuen. Im vorgeheizten Backofen ca. 15 bis 20 Minuten mehr trocknen als backen. (Die heutigen Backöfen sind viel besser als früher.)

 

Viel Spaß beim Backen!

 

Vielen Dank für das Interview und wünsche Ihnen schöne Feiertage!

 

Text: Judit Nothdurft

Fotorechte: Daniela Herres

 
Anzeige
Tess Relay Dienste

Anzeige
Humantechnik

Anzeige
Telesign

Anzeige
Judit Nothdurft Consulting


 
Impressum etc.