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Experten-Interview Dezember 2010



BirgitButz_AnnaMohos-orig - KopieEin-Adventskalender zum Mitgebärden …

 

Einen Gebärden-Adventskalender mit Weihnachtsliedern gab es bis jetzt noch nie!

Birgit Butz und Anna-Kristina Mohos haben einen solchen Kalender erstellt und ich habe sie beide dazu interviewt.

 

Judit Nothdurft: Wer von Ihnen kam auf die Idee, so einen außergewöhnlichen Adventskalender zu basteln?

Frau Butz: Ich möchte mich nicht mit fremden Federn schmücken, aber ich meine, die Idee stammt von mir. Als ich später dieses Projekt verwerfen wollte, hat Anna mich davon überzeugt, dass die Idee super ist und wir den Kalender umsetzen sollten.

Frau Mohos: Ja, das stimmt, die Idee kam von dir. Ich fand sie super und war sofort dabei!

 

Welche Beziehung habt ihr zur Gebärdensprache?

Frau Butz: Vor der der Geburt meines Sohnes Ben, habe ich gelesen, dass ein Kind bereits vor dem Erwerb der Lautsprache mit Babygebärden kommuniziert. So kann es ausdrücken, z.B. was es sieht, wiedererkennt, woran es sich erinnert oder haben möchte. Für die Qualifikation zur geprüften Tagesmutter habe ich eine Hausarbeit über Babygebärden geschrieben. Dabei entstand die Idee eine nicht kommerzielle Webseite über Babygebärden zu erstellen.

Diese Webseite www.sprechende-haende.de/ informiert seit Sommer 2008 über Babygebärden und bietet einen kostenlosen OnlineKurs an. Ich schaue mir viele Gebärden-Videos an, betrachte Gebärdenfotos usw. und lasse mich von Anna beraten, wenn ich mir nicht sicher bin, wie eine Gebärde ausgeführt wird. Gebärdensprachkompetent bin ich leider (noch) nicht.

Frau Mohos: Ich habe in Magdeburg Gebärdensprachdolmetschen studiert und war in diesem Beruf sieben Jahre hauptberuflich tätig. Im Jahr 2007 kam meine Tochter zur Welt und da auch mein Mann Gebärdensprache kann, haben wir ihr von Anfang an viele Gebärden gezeigt. Ich war ehrlich gesagt sehr erstaunt als Lillemor im Alter von 8 Monaten einzelne Gebärden wie z.B. Licht, Nudel, Käse, Krokodil, trinken, zeigte und sich damit ausdrückte. Denn von Babygebärden hatte ich bis dahin nur sehr flüchtig erfahren.

 

Die Idee war also da und wie ging es dann weiter?

Frau Butz: Wir haben einen Termin vereinbart, wann Anna aus Potsdam zu mir nach Ziethen (Schleswig-Holstein) kommt. Wir haben hier ein kleines Studio, wo wir mit meinem Mann zusammen die Ton und Filmaufnahmen gemacht haben. In der Vorbereitungsphase haben wir die Lieder und Reime herausgesucht, bei denen sich die „Schlüsselwörter“ möglichst häufig wiederholen. Von den Liedermachern, Rolf Zuckowski und Stephen Janetzko haben wir die Genehmigung eingeholt, dass wir ihre Liedtexte präsentieren dürfen.

Frau Mohos: Wir haben natürlich genau überlegt und diskutiert wie viel und was in den Liedern gebärdet werden soll.

 

Ihr habt auch noch die Webseite programmiert und ein tolles Layout kreiert. Eine ganze Menge Arbeit! Haben beim „Basteln“ eure Familien auch mitgeholfen?

Frau Butz: Wir haben bei den Aufnahmen eine sogenannte „Greenscreen“ verwendet – d.h. vor einem grünen Hintergrund gestanden. So war es dann möglich, individuelle Hintergründe in das Video einzublenden. Mein Mann hat die Videos bearbeitet: die Hintergründe gestaltet, verschiedene Clip-Arts herausgesucht, Musik eingefügt. Er hat den Adventskalender programmiert und die Videos dort eingefügt. Zum Schluss hat er dann auch das Layout der Webseite fertig gestellt....

Frau Mohos Ja, da hat dein Mann tolle Arbeit geleistet und das alles noch neben dem Arbeitsalltag.

 

Darf ich fragen, wie lange hat es gedauert, bis alles komplett fertig war?

Frau Butz: Ich denke, dass wir mind. 40 Stunden an dem Kalender gearbeitet haben...

Frau Mohos: Ich denke, das kommt sicher hin. Wir haben uns vor dem Treffen für die Aufnahmen auch schon via Mail ausgetauscht. Im August begannen wir schon mit der Planung.

 

Die Lieder werden nicht nur gesungen, sondern teils mit Gebärden begleitet und mit Text versehen. So ist dieser Kalender sowohl für gehörlose, wie auch hörende Kinder interessant. Habt ihr es an von Anfang an so geplant?

Frau Butz: Zielgruppe sind zunächst hörende Kinder und deren Eltern, die sich aus verschiedenen Gründen für Gebärden interessieren: Eltern, die positive Erfahrungen mit Babygebärden gemacht haben und sich auch weiter mit Gebärden beschäftigen wollen - auch wenn das Kind nun schon sprechen kann. Natürlich auch Kinder, die mit Behinderungen leben (z.B. dem Down Syndrom) verständigen sich oftmals zusätzlich zur Lautsprache mit der „Gebärdenunterstützen Kommunikation (GuK)“.

Wenn gehörlose Kinder gefallen an einem Gebärden-Kalender haben, dann überlegen wir, im nächsten Jahr einen Adventskalender mit Gebärdensprache zu produzieren.

Frau Mohos: Oh, dazu hätte ich auch große Lust! Den jetzigen Kalender haben wir tatsächlich eher für hörende Kinder gedacht. Damit der Kalender auch für gehörlose Kinder attraktiv ist, müssten wir auf jeden Fall mehr Gebärden verwenden oder noch besser Deutsche Gebärdensprache. Aber wie Birgit schon sagte, genau das möchten wir im nächsten Jahr umsetzen.

 

Adventskalender verbergen immer Geheimnisse, darf ich trotzdem fragen, welche vorweihnachtlichen Themen ihr hinter den 24 Türchen versteckt habt?

Frau Butz: Wir singen Lieder vom Nikolaus und Weihnachtsmann, präsentieren die „Weihnachtsbäckerei“, lassen ganz viel Schnee fallen und… mehr möchte ich nicht verraten, öffnet ihr einfach jeden Tag die Türchen….

 

Frau Mohos, ich möchte Ihnen gratulieren, Sie gehören zu den Preisträgern des Wettbewerbs "365 Orte im Land der Ideen" 2010. Bei diesem Wettbewerb, der unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten steht, werden besonders gute Ideen ausgezeichnet. Womit haben Sie sich beworben?

Frau Mohos: Ich habe mich mit der Idee meines Ladens „Sprachladen von0bis99“ beworben, der für alle Leute von 0 bis 99 Jahren offen ist, wie auch der Name verrät. Im Laden werden Dienstleistungsangebote rund um die Gebärdensprache für alle Leute von 0 bis 99 Jahren angeboten, z.B. Gebärdensprachkurse für Erwachsene, Babygebärdenkurse, Schlossführungen in Gebärdensprache, Vorlesestunden für gehörlose Kinder, Seminare und vieles mehr. Jeder, der eine Idee hat, die dazu beiträgt die Barrieren in den Köpfen gehörloser und hörender Menschen abzubauen, ist herzlich dazu eingeladen, diese im Sprachladen zu verwirklichen.

 

Wann wird Ihnen der Preis verliehen?

Frau Mohos: Der Preis wird mir am 16. Dezember 2010 verliehen, da mein Laden sehr klein ist, können aber leider nur geladene Gäste teilnehmen.

 

Ich bedanke mich für das Interview und wünsche Ihnen frohe Weihnachten und viele neugierige Besucher auf der Kalenderseite (www.kindergebaerden.de)!

 

Text: Judit Nothdurft

Foto: Jens Butz

 
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